Vers 5
Etwas das keine Ursache oder
keine Form hat kann sich niemals in dieser Welt manifestieren. Es gibt also
keine Form ohne Ursachen.
Was wir als Veränderung
bezeichnen ist ein mentaler Vergleich eines früheren mit einem späteren
Zustand. Es ist also ein gedankliches Konstrukt. In der Wirklichkeit gibt es
aber nur den jeweiligen Zustand im Augenblick während die Vergleiche durch
Gehirntätigkeit erzeugt werden.
Im Gegensatz zur Form
besitzt das was wir Veränderung nennen keine Wirklichkeit. Es ist eine
Interpretation der jeweiligen Tatsachen im Augenblick.
Vers 6
Während wir etwas tun und
handeln, können wir die Erfahrung kaum bewerten und klassifizieren. Es ist auch
kaum möglich das Handeln als angenehm, passend und richtig oder umgekehrt als
nicht angenehm, nicht passend oder falsch einzuschätzen.
Solche Bewertungen setzen
wir gewissermaßen durch Gehirntätigkeit später hinzu. Das Handeln selbst
vollzieht sich ohne derartige Klassifikationen.
Wenn das Handeln
abgeschlossen und vollendet ist, gibt es Tatsachen, die sich in der wirklichen
Welt manifestieren. Derartige Tatsachen werden von unserem Geist in der einen oder
anderen Weise eingeordnet.
Was wir im Augenblick tun
hat Folgen, die in der Welt bleiben. Wenn wir etwas getan haben, wird eine
solche Handlung augenblicklich eine konkrete Tatsache.
Vers 7
Beim Erwerben von Wissen ist
immer eine Absicht wirksam. Sie ist also ein wesentlicher Teil des Wissens selbst.
Das heißt die Absicht steuert den Erwerb des Wissens. Sie färbt gewissermaßen
das, was bei dem Studium erlangt wird. Es ist daher außerordentlich wichtig,
Klarheit über die Absicht, die uns wesentlich steuert, zu erreichen und zu
bewahren.
Jede Untersuchung findet in
Bezug auf die Tatsachen der wirklichen Welt statt. Unser Handeln und Erwerben
von Wissen hat dabei Rückwirkungen, die mehr oder minder stark auf andere und
das ganze Universum wirksam sind.
Vers 8
Wer im Gleichgewicht ist,
kann seine Aufmerksamkeit aufrechterhalten und gefestigt über alles reden. Er
akzeptiert die vernetzten Prozesse, die er nicht ändern oder beeinflussen kann,
in ruhiger unaufgeregter Haltung. Er lässt sich nicht aus der Ruhe bringen, ist
ohne Panik oder Euphorie auf dem Mittleren Weg.
Diesen Zustand bezeichnet
Nagarjuna als Leerheit (shunyata).
Vers 9
Manchmal ist es unbedingt
nötig, einen anderen Menschen auf Fehler und Irrtümer hinzuweisen. Dies muss im
Einklang mit dem buddhistischen Gelöbnis sein, dass wir nicht über die Fehler
anderer herzuziehen, uns nicht selbst loben und aufwerten. Es muss also eine wirkliche
Hilfe für den Anderen sein, die dieser auch akzeptiert, um daraus zu lernen.
Ein solcher Hinweis auf Fehler gelingt, wenn wir selbst im Gleichgewicht sind
und keine Aggressionen haben.
Wer selbst im Gleichgewicht
ist, begeht keine gravierenden Fehler. Dafür ist vor allem die Praxis des
Samadhi von zentraler Bedeutung. Bekanntlich ist der Samadhi ein Glied des
Achtfachen Pfades. Im Samadhi selbst sind wir im Gleichgewicht und werden nicht
durch Ideologien oder Vorurteile gesteuert. Wenn man anderen einen Rat erteilt
und auf Fehler hinweist, muss das frei von Egoismus und Selbstdarstellung sein.
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