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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Mittwoch, 20. November 2013

Untersuchung der Einheit von Handeln und Ergebnis (Karmaphala pariksha), Nagarjuna, MMK, Kapitel 17, Teil 4


Vers 22
Wenn eine Handlung nicht wirklich vollzogen wird, sondern nur subjektiv in unserer Vorstellung da ist, scheint sie ewig zu sein; in anderen Fällen scheint sie instabil zu sein.

Die Vorstellung der Ewigkeit entsteht vor allem bei Menschen mit idealistischer Lebensphilosophie, während Instabilität und Fragilität meist verbunden ist mit einer materialistischen Lebensphilosophie.

Nur wirkliches Handeln hat Wirkungen, die sich in der Welt bis in die Ewigkeit fortsetzen.

Vers 23
In uns steigen immer wieder Ängste hoch, dass wir unsere Aufgaben nicht verwirklichen können. Das ist besonders der Fall, bevor wir mit dem Handeln begonnen haben.

Wenn wir jedoch handeln, gibt es eine solche Angst nicht, die subjektiv im Geist entsteht: der Augenblick gehört dem Tun und Handeln.

Bei Ängsten und Zweifeln fürchten wir, dass unser Handeln unzureichend ist und in der Tat gibt es viel Fehlerhaftes und auch Unmoralisches in der Welt.

Vers 24
Wenn die wahre Praxis verhindert und unterlassen wird, ist es nicht möglich, dass alles entspannt und im Gleichgewicht ist.

Ohne Praxis (vor Allem die Leerheits-Meditation Zazen) fehlt uns die Klarheit zu unterscheiden, was wahres Handeln und was falsches Handeln ist.

Ohne Gleichgewicht können wir uns nicht wirklich entspannen und nicht wirklich Ruhe finden. Dann gibt es nur eine scheinbare Entspannung, die uns aber nicht wirklich neue Energie bringt, sondern eher umgekehrt, Energie verbraucht.

Vers 25
Gereifte wirkliche Handlungen setzen sich fort durch weitere Handlungen, die immer besser werden.

Durch solches Handeln eröffnet sich unsere wahre Natur: unsere wahren Eigenschaften manifestieren sich.

Vers 26
Wenn wir eine Situation als leidvoll und äußerst unerfreulich empfinden, bedeutet dies in Wirklichkeit meist nur, dass wir sie unbedingt ändern wollen und als Wirklichkeit nicht hinnehmen wollen.

Handeln ist die wahre Wirklichkeit dieser Welt. Leidvolle Situationen empfinden wir allerdings auch als Wirklichkeit, obgleich sie im Grunde nur durch die eigenen Emotionen erzeugt werden. Sie werden also der ursprünglichen Welt hinzugesetzt.

Sehr viele Leiden haben psychische Ursachen und sind im Gegensatz zu körperlichen Leiden ohne materielle Grundlage.

Vers 27
Handeln und körperliche Leiden sind mit dem Körper verbunden: sie sind wirklicher als Begriffe und Lehrinhalte.

Im Zustand des Gleichgewichts bilden Körper und Geist eine Einheit. Daher ist eine Abgrenzung des physischen Leiden nicht einfach und eigentlich auch nicht sinnvoll.

Im Gleichgewicht gibt es kaum noch psychische Leiden, während körperliches Leiden ertragen werden muss. Aber der Begriff des Leidens verliert dann sehr an Bedeutung.

Vers 28
Wer seine Abhängigkeiten und Begierden nicht überwindet, wird die buddhistische praktische Philosophie nicht verstehen und kann auch nicht im Gleichgewicht leben. Das ist leider eine Tatsache in dieser Welt.

Auch wer nur das schale Vergnügen sucht und allen Schwierigkeiten aus dem Wege geht, wird den Buddha – Weg gerade nicht gehen können. Damit kann er sein eigentliches Potential nicht entdecken und nicht zur Blüte bringen.

Vers 29
Die Vierfache Wahrheit, die im ersten Kapitel beschrieben wird, ist eine Lehre und besteht zunächst einmal nur aus Worten, so wichtig sie sein mögen.

Grundlage der Wirklichkeit ist allein das Handeln im gegenwärtigen Augenblick. Handlungen sind ursprünglicher als Person, die handelt, weil die Person aus den Handlungen abgeleitet und abstrahiert ist. Die Menschen sind also Manifestationen der Handlungen.

Vers 30
Ergebnisse sind Bewertungen sind Ideen des menschlichen Gehirns: sie sind nur indirekt mit Handlungen verbunden. Handlungen sind die Basiseinheiten der Wirklichkeit, während der Mensch mit seinen Ideen davon abgeleitet ist.

Oft streben Menschen Vergnügen und vordergründige Freuden als Ergebnisse ihres Handelns an. Aber solche Ergebnisse sind keine Wirklichkeit, sondern entspringen dem Denken und subjektiver Gefühle. Wahres Handeln ist etwas anderes

Vers 31
Die einfache Tatsache der Vollendung ist etwas grundsätzlich anderes, als dessen Bewertung in Form eines angestrebten Ergebnisses. Die oft beklagte Differenz zwischen der idealen Vorstellung des Ergebnisses und dem wirklichen Zustand genau im Augenblick ist aber auch keine Wirklichkeit und hat meist keine Bedeutung.

Nagarjuna sagt hier, dass wir uns nicht dadurch deprimieren lassen sollen, dass wir ein ideales gedachtes Ergebnis mit dem wirklichen Zustand vergleichen. Wichtig ist, dass wir handeln und praktizieren und nicht auf das Ergebnis „schielen“.

Vers 32
Was durch Handeln erzeugt wird, hat eine Wirklichkeit der Form und des Inhalts. Es ist direkt mit dem Handeln verknüpft und nur indirekt mit dem Menschen, der handelt.

Handeln ist etwas fundamental anderes als Ideen in unserem Geist. Es geht dabei um das Hier und Jetzt und auch nicht primär darum, welche Dinge wir in der Vergangenheit erzeugt haben. Die Gegenwart ist wirkliches Handeln und dies ist die Wirklichkeit des Universums.

Vers 33
Das Leiden, die Ideen über Handeln, materielle Formen und auch die Ideen über handelnde Menschen sind genauso unwirklich wie gedachte Ergebnisse, denn Ideen und Vorstellungen werden in unserem Gehirn erzeugt und das ist nicht die Wirklichkeit.

Man kann sie mit der imaginären, nicht wirklichen Stadt Gandharva gleichsetzen, die es nur in der Vorstellung gibt und in der es nach der Legende keine Verbrechen gibt, sodass es dort auch keine Gefängnisse gibt. Aber dies alles sind nur illusionäre Vorstellungen. Man kann sie mit Träumen und Bildern vergleichen, die wir im Schlaf sehen. Wer träumt nicht von einer solchen idealen Stadt? Aber die gibt es nicht!