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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Dienstag, 26. Februar 2008

Frage:

Sehr geehrter Nishijima Roshi,

vielen Dank für die wunderbare Gelegenheit zur Kommunikation in diesem Blog.
Ich lese gerade das zweite Kapitel im Shobogenzo (Makahannya haramitsu) und möchte Sie um Erläuterungen zum Gedicht der Windglocke von Tendo Nyojo bitten.
Verstehe ich es richtig, dass der Wind der vier verschiedenen Himmels-Richtungen nicht direkt mit dem Läuten der Glocke zu tun hat? Bedeutet die Kommunikation, dass die Glocke sowieso läuten würde oder dass die Glocke von einem Wind, woher er auch immer weht, nicht beeinflusst wird?
Nach Erwähnung der vier Arten der Versenkung werden vier verschiedene Zustände des Gleichgewichtes (shi mushiki jo) aufgeführt. Würden Sie diese bitte erklären?

Vielen Dank im Voraus und mit herzlichen Grüßen

Regina


Antwort

Liebe Zushi San,

vielen Dank für Ihre Fragen.

Ich meine, dass es für uns besser sein mag, über die Bedeutung von Meister Tendo Nyojos Gedicht nachzudenken, wenn wir es vom nächsten Paragraphen trennen. Dort erklärt uns Gautama Buddha, dass Buddha die intuitive Fähigkeit darstellt und diese intuitive Fähigkeit genau Buddha ist.

Meister Tendo Nyojo beschreibt, dass die Situation der Windglocke auf die Wirklichkeit selbst hindeutet.

Und Gautama Buddha sagt ganz klar, dass die Intuition Buddha ist und Buddha wiederum genau diese Intuition.

Mit den besten Wünschen
Gudo Wafu Nishijima

Samstag, 9. Februar 2008

10. Erzeugt kein Unrecht! (Shoaku makusa)
Teil 2

10.“ Wir lassen das Recht und Unrecht, und Ursachen und Wirkungen sich selbst praktizieren. Dies bedeutet aber nicht, dass wir die Ursachen und Wirkungen stören oder sie absichtlich erzeugen. Manchmal sind es die Ursachen und Wirkungen selbst, die uns praktizieren.“

Grundprinzip:
Manchmal können wir das Richtige und Falsche praktizieren lassen und manchmal können wir Ursache und Wirkung praktizieren lassen. Dies bedeutet nicht, dass wir Ursache und Wirkung bewegen oder sie erzeugen. Die Situation ist umgekehrt, dass nämlich Ursache und Wirkung uns manchmal dazu bringen zu praktizieren.

Kommentar:
Sowohl Richtig und Falsch als auch Ursache und Wirkung sind die Zustände des Vegetativen Nervensystems (VNS) und beide sind einfache Tatsachen im gegenwärtigen Augenblick. Daher können beide niemals unterteilt werden in Richtig und Falsch oder Ursache und Wirkung einerseits und die Praxis andererseits. Alles ist immer wirkliches menschliches Handeln im gegenwärtigen Augenblick. Daher sollten wir denken, dass sich in der wirklichen Welt viele Arten von wirklichem Handeln ereignen, und es ist für uns notwendig zu denken, dass dies immer wirkliches Handeln ist. Dieses kann niemals mit Worten erklärt werden, und es in der Tat sehr vielfältige Handlungen in dieser Welt gibt.
[11]
11. „Wenn ihr dies so (gründlich) erfahrt und erforscht, verwirklicht sich das Unrecht als etwas (das gar nicht entstehen kann, weil ihr) es nämlich nicht erzeugt. Dank dieser Verwirklichung könnt ihr bis zum Grund vordringen, was es bedeutet, kein Unrecht zu tun und ihr könnt es entschlossen im Sitzen (der Zazenpraxis) verwirklichen. Denn genau in dem Augenblick, in dem es sich am Anfang, in der Mitte und am Ende verwirklicht, dass kein Unrecht erzeugt wird, gibt es (auch) kein Unrecht, das durch Ursachen und Umstände entstehen kann, (weil) es nämlich nicht erzeugt worden ist. Es gibt (dann auch) kein Unrecht, das durch Ursachen oder Umstände verschwinden könnte, (weil) es gar nicht erzeugt worden ist.“

Grundprinzip:
Wie wir im vorherigen Absatz erkannt haben, sind Ursache und Wirkung so beschaffen, dass sie nicht begangen werden, dass sie nicht erscheinen, nicht ewig, nicht verborgen und nicht verneint sind, aber vor allem dass sie vollständig frei sind. Wenn wir das Falsche untersuchen, offenbart es sich einfach als etwas, das nicht erzeugt wurde. Indem uns eine solche Wirklichkeit maßgeblich unterstützt, reift bei uns der klare Entschluss und wir können vollständig erkennen, dass Unrecht genau das ist, was wir nicht erzeugen. In dem Augenblick wird die Tatsache in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft erkannt, dass Unrechtes bedeutet, es nicht zu erzeugen. Wir erkennen, dass das Unrechte nicht durch Ursache und Wirkung entsteht, sondern einfach, dass es überhaupt nicht begangen wird. Das Unrecht verschwindet nicht durch Ursache und Wirkung, sondern dadurch, dass es nicht erzeugt wird.

Kommentar:
Falsches und Unrechtes sind einfache Tatsachen im gegenwärtigen Augenblick und sie sind genau das, was man lassen kann. Der Zustand, dass das Unrecht nicht erzeugt wird, wird nur durch unsere klare Sichtweise und unser entschiedenes Sitzen (im Zazen) erkannt. Genau zu der Zeit wird die Tatsache erkannt, dass Unrecht nicht erzeugt wird und zwar in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Unrecht erscheint nämlich nicht durch Ursache und Wirkung, sondern im Gegenteil genau dadurch, dass es nicht (von jemandem) begangen wird. Das Unrecht verschwindet auch nicht durch Ursache und Wirkung, sondern im Gegenteil, weil es nicht begangen wird.

12. „Wenn das Unrecht im Gleichgewicht ist, sind alle Dharmas im Gleichgewicht. Jene Menschen die (scheinbar) erkennen, dass das Unrecht durch Ursache und Wirkung entsteht, aber nicht klar sehen, dass sie selbst und diese Ursachen und Wirkungen der (Wirklichkeit von) dem Nicht-Erzeugen sind, sind bedauernswerte Menschen.“

Grundprinzip:
Wenn das Unrecht im Gleichgewicht ist, sind alle Dinge und Phänomene im Gleichgewicht. Aber jene Menschen die (scheinbar) erkennen, dass das Unrecht durch Ursache und Wirkung erzeugt wird, sind in der Tat bedauernswert. Sie sollten daher genau auf die wirklichen Ursachen und Umstände sehen und erkennen, dass die Menschen selbst das Unrecht erzeugen.

Kommentar:
Falsches und Unrechtes sind einfache Tatsachen im gegenwärtigen Augenblick und sie sind daher immer im Gleichgewicht. In ähnlicher Weise sind auch alle Dinge und Phänomene im gegenwärtigen Augenblick im Gleichgewicht. Wenn die Menschen also meinen, dass das Unrecht durch Ursache und Umstände erzeugt wird, sind sie sehr bedauernswert. Sie erkennen dann nicht, dass die Ursachen und Umstände nur etwas sind, welches das Unrecht nicht erzeugt, sondern dass solche Menschen selbst das Unrecht erzeugen.

13.“ Der Samen der Buddhaschaft entsteht aus Bedingungen, und da dies so ist, entstehen die Bedingungen aus den Samen der Buddhaschaft.“

Grundprinzip:
Die Samen der Buddhaschaft entstehen aus den Umständen und gleichzeitig entstehen die Umstände aus den Samen der Buddhaschaft.

Kommentar:
Die Samen der Buddhaschaft und die verschiedenen Umstände sind einfache Tatsachen direkt vor uns. Daher können wir sagen, dass die Samen der Buddhaschaft aus den Umständen entstehen und dass gleichzeitig die Umstände aus den Samen der Buddhaschaft entstehen.

14. „Das Unrecht ist weder existent noch nicht existent, sondern es wird erzeugt. Das Unrecht ist weder materiell noch immateriell, sondern es wird erzeugt. Es geht nicht um (um die Worte), das Unrecht nicht zu erzeugen, sondern um die konkrete Wirklichkeit, das Unrecht nicht zu erzeugen.“

Grundprinzip:
Es ist nicht wahr, dass das Unrecht nicht existiert, sondern es ist nichts anderes, als es nicht zu erzeugen. Es ist auch nicht wahr, dass das Unrecht existiert, denn es ist nichts anderes, als es nicht zu erzeugen. Das Unrecht ist weder immateriell noch materiell, sondern es bedeutet, es nicht zu erzeugen. Das Unrecht ist nicht ein abstraktes Wort: "Nicht-Erzeugen", sondern es ist genau die wirkliche Tatsache von "Nicht-Erzeugen".

Kommentar:
Wir können das wirkliche Vorhanden-Sein des Unrechts im gegenwärtigen Augenblick nicht leugnen. Aber wenn wir nicht irgendwelche Art von Unrecht im gegenwärtigen Augenblick erzeugen, ist es vollständig unmöglich, dass das Unrecht wirklich existiert. Wir können daher sagen, dass das Unrecht keine dauerhafte Entität ist, sondern nur eine Tatsache im gegenwärtigen Augenblick ist. Wenn wir es tatsächlich tun, existiert es wirklich im gegenwärtigen Augenblick, aber wenn wir nicht irgendeine Art von Unrecht begehen, kann es überhaupt nicht realisiert werden. Falsches und Unrechtes sind also keine abstrakten Vorstellungen und auch keine materiellen Substanzen, denn sie erscheinen nicht wirklich dauerhaft und für immer, wenn wir sie nicht erzeugen.

15. „Das Selbst ist weder existent noch nicht existent, sondern es ist (die Wirklichkeit), kein Unrecht zu erzeugen. Wenn wir auf diese Weise erfahren und erforschen, (was es bedeutet) kein Unrecht zu erzeugen, ist dies das verwirklichte Universum und es ist die allumfassende Verwirklichung. Wir betrachten es unter dem Blickwinkel des Subjekts und unter dem Blickwinkel des Objekts. Wenn ihr den obigen Bereich (der Wirklichkeit) schon auf diese Weise erreicht habt, ist sogar das Bedauern (etwas) erzeugt zu haben, das wir besser nicht erzeugt hätten, nichts anderes als die Kraft, die uns aus dem Streben erwächst kein Unrecht zu erzeugen.“

Grundprinzip:
Das Selbst ist keine (dauerhafte) Existenz und es ist keine (dauerhafte) Nicht-Existenz, sondern es ist nur (das Unrecht) nicht zu begehen. Das wirkliche Erfahren und Erforschen wie dies, ist genau das Universum, das bereits verwirklicht und auch die Verwirklichung des Universums ist. Dieses sollte subjektiv bedacht werden und es sollte objektiv bedacht werden. Selbst wenn die Situation in Wirklichkeit vermeidbar ist, etwas Unrechtes zu begehen, habe ich vielleicht doch den Fehler begangen, das Unrechte zu tun. Aber ein solches Verhalten des Bedauerns kann eine beachtliche Kraft werden, (das Unrecht) nicht zu erzeugen.

Kommentar:
Das Selbst übersteigt Vorstellungen von Existenz und Nichtexistenz und es ist genau das Nicht Erzeugen des Unrechts im gegenwärtigen Augenblick. Wenn wir eine solche Situation erkennen, ist es genau das verwirklichte Universum und es ist das Universum, das verwirklicht worden ist. Wir sollten dieses Problem vom subjektiven und vom objektiven Standpunkt aus bedenken. Auch die Situation, dass wir es bedauern, tatsächlich das Unrecht begangen zu haben und selbst wenn es für uns möglich gewesen wäre, es zu stoppen, das Unrecht zu begehen, kann eine solche Art von Bedauern eine Kraft werden, um das Unrecht zu tatsächlich stoppen.

16. „(Die Beziehung von) dem Unrechten und dem Nicht-Begehen ist sowohl dasselbe, als wenn ein Brunnen den Esel anschaut als auch, wenn ein Brunnen den Brunnen anschaut. Dasselbe gilt wenn ein Esel den Esel anschaut, ein Mensch einen Menschen anschaut und ein Berg einen Berg anschaut. Weil es die Lehre dieses Prinzips wechselseitiger Beziehungen gibt, sind das Falsche und das Unrechte, dasselbe wie das Nicht-Erzeugen und das Nicht-Begehen.“

Grundprinzip:
Unrecht und das Nicht-Begehen sind nicht zwei getrennte Faktoren und deren Beziehung zu einander, sondern es ist dasselbe, als ob ein Esel einen Brunnen anschaut und gleichzeitig der Brunnen den Esel anschaut (, denn beide sind nicht als Subjekt und Objekt getrennt). Es ist vielmehr genau eine ähnliche Situation, als wenn der Brunnen den Brunnen selbst anschaut, ein Esel einen Esel anschaut, ein Mensch einen Menschen anschaut und ein Berg einen Berg anschaut. Diese ist wie die Wirklichkeit selbst. Weil der Buddhismus auf einer ganz konkreten und spezifischen Grundlage lehrt gilt, dass das Unrechte genau dasselbe ist wie das Nicht-Begehen.

Kommentar:
Buddhismus ist nicht nur eine theoretische Lehre, sondern ist genau die Verwirklichung der einfachen Tatsache im gegenwärtigen Augenblick. Daher ist er immer die einfache Situation, dass das Unrechte oder Falsche nicht begangen wird.