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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Donnerstag, 23. August 2007

Blumen im Raum, Steuerung der sexuellen Begierde

Von meinen Schülern habe ich gehört, dass in den USA verschiedene Leiter von buddhistischen Zentren über den Buddhismus von Ven. Brad Warner lachen, wenn sie seinen Blog „Hardcore Zen“ anschauen. Daher habe ich kürzlich seinen Blog im Internet selbst geöffnet, um mir einen eigenen Eindruck zu verschaffen. Dort habe ich nur ein Bild einer hoch gewachsenen gepflegten Frau gefunden, die einen Badeanzug trägt und offensichtlich an einen Pool herangeht und in das Wasser springen will.
Es handelt sich dabei in der Tat um ein Bild, das es häufig in Medien und im Internet gibt. Mir wurde dabei klar, dass es jene buddhistischen Meister in den USA, die ich oben erwähnt habe, bislang nicht geschafft haben, ihr sexuelles Verlangen wirklich zu steuern. Mir wurde außerdem klar, dass jene sehr ernsthaften buddhistischen Meister die Methode, wie man sein sexuelles Verlangen steuert, noch nicht kennen gelernt haben. Hierzu gibt Meister Dogen nämlich in dem Kapitel 43 des Shobogenzo "Die Blumen im Raum" (Kuge) ganz wesentliche und klare Hinweise.
Das chinesische Wort Kuge bedeutet "Blumen im Raum" und diese Worte beinhalten als symbolischer Ausdruck: "verstandesmäßige Überlegung" und "Sinneswahrnehmung". Mit anderen Worten bedeutet Kuge genau das, was wir in unserem Gehirn denken und ´verarbeiten´ oder was wir mit unseren Sinnesorganen wahrnehmen. Wir können daher annehmen, dass Kuge die symbolische Beschreibung von intellektuellen Gedanken und sinnlicher Wahrnehmung ist, die beide keine eigene wahre Wirklichkeit besitzen. Aber gleichzeitig sind sie sehr brauchbare Methoden, um das Universum zu begreifen und zwar so, als wäre das Universum in unserer menschlichen Kultur mit den verschiedenen Arten des Denkens und der Sinnesreizungen gleich zu setzen.
Meister Dogen erklärt seine philosophischen Gedanken in diesem Kapitel Kuge und gegen Ende hiervon beschreibt er eine hervorragende Methode, wie wir unser sexuelles Verlangen und unsere sexuelle Begierde steuern können.
Er zitiert dazu ein chinesisches Gedicht, das von einem bedeutenden Mandarin (hoher Beamter) der chinesischen Regierung mit dem Namen Cho Setsu verfasst wurde. Das Gedicht lautet wie folgt:

„Strahlende Klarheit erleuchtet friedlich die ganze Welt des Sandes-vom-Ganges,
Alle Seelen, gewöhnliche und heilige, sind meine Familie,
Wenn nicht ein einziges Bild erscheint, offenbart sich selbst der ganze Körper,
Wenn die sechs Sinnesorgane sich leicht bewegen, wird (der Geist) von Wolken bedeckt,
Wenn wir die Störungen auslöschen, verdoppeln wir die Krankheit,
Sich der Wahrheit mit Absicht zu nähern, ist ebenfalls falsch,
Indem wir den Umständen der Welt folgen, gibt es kein Hindernis,
Nirvana und Leben-und-Sterben sind nur Blumen im Raum.

Der wichtigste Punkt in der Steuerung des sexuellen Verlangens wird in der fünften. Zeile des Gedichtes ausgedrückt: "wenn wir die Störung auslöschen, verdoppeln wir die Krankheit". Zu dieser Zeile fügte Meister Dogen noch seinen eigenen Kommentar hinzu:

"Wir waren bis jetzt nicht frei von Krankheit. Wir hatten die Störung von Buddha und den Vorfahren im Dharma. (Verstandesmäßige Trennung und )intellektuelles Ausschließen wird jetzt zur Krankheit hinzugefügt und vergrößert die Krankheit. Der jeweilige Augenblick des Auslöschens selbst ist unausweichlich Störung. Beide bestehen gleichzeitig und sind jenseits von Gleichzeitigkeit. Störungen beinhalten immer die Tatsache (des Versuchs) sie zu auszulöschen".

Als ich diese Zeilen des Kapitels "Kuge" in jungen Jahren auf Japanisch gelesen habe, war ich sehr überrascht von der Großartigkeit der buddhistischen Philosophie, die fast alle ausgezeichneten Philosophien und Religionen in dieser Welt durchstoßen hat, indem sie die höchste Wahrheit des Universums überaus klar aufzeigt.

Donnerstag, 2. August 2007

Kennzeichen der Dogen-Sangha

Wenn wir das wirkliche und moralische Leben in der Dogen-Sangha bedenken, kann man dies zusammenfassend mit wenigen Worten ausdrücken: "Aktiv zu sein". Der Grund hierfür liegt in der Tatsache, dass wir jeden Tag Zazen praktizieren, um in unserem täglichen Leben aktiv zu sein und entsprechend zu handeln.
Wenn wir täglich Zazen praktizieren, können wir unser vegetatives Nervensystem im Gleichgewicht halten. Wenn wir dieses jeden Tag tun, können wir in jedem Augenblick so handeln, wie wir dies wollen und wir können das Handeln auch jederzeit beenden, wenn wir dies für richtig halten. Im Gleichgewicht des vegetativen Nervensystems können wir nämlich sofort und ohne Zögern handeln, wenn das sinnvoll ist und wir das wollen. Genauso gut können wir das Handeln beenden, wenn das unserem Willen entspricht. Der Grund für ein derartig aktives und bewegliches Handeln im gegenwärtigen Augenblick liegt in diesem wachen Gleichgewichtszustand, denn wir befinden uns dann genau an der Schnittstelle zwischen Handeln und Nicht-Handeln. Wenn wir nicht im Gleichgewicht sind und z. B. unser sympathisches Nervensystem stärker ist, neigen wir eher zur Verhärtung und Verspannung, so dass es dann schwierig für uns ist, unmittelbar der Situation entsprechend zu handeln. Wenn auf der anderen Seite das parasympathische System die Oberhand hat, ist das gesamte vegetative System zu sehr entspannt und lässig, um nicht zu sagen leichtfertig. Selbst wenn wir dann unmittelbar handeln wollen, ist es sehr schwer für uns, ohne Verzug und Trägheit mit dem Handeln zu beginnen.
Ich möchte dies an dem Beispiel eines Automobils erläutern: Wenn das sympathische Nervensystem stärker ist, arbeitet die Bremse zwar gut ( wir sind verspannt) , aber das Gaspedal zur Beschleunigung kann nicht richtig arbeiten. Wenn das parasympathische Nervensystem dagegen stärker ist, arbeiten das Gas und die Beschleunigung ordentlich, aber die Bremsen funktionieren nicht gut ( wir sind zu lässig). Im ersten Fall werden wir daher mit dem Auto nicht zügig vorankommen und im zweiten Fall sind wir in großer Gefahr, tatsächlich mit dem Auto zu fahren, weil die Bremsen unsicher sind und nicht richtig funktionieren. In beiden Fällen sind wir vom Optimum des Handelns weit entfernt!
Wegen dieser Wirklichkeit des menschlichen Handelns empfiehlt uns Gautama Buddha, Zazen zu praktizieren und durch diese Praxis will er uns zu einem tatkräftigen und ausgeglichenen täglichen Leben verhelfen. Wenn unser sympathisches Nervensystem stärker ist, neigen wir Menschen dazu, Gott nahe zu sein und wenn unser parasympathisches System stärker ist, haben wir eine bedenkliche Nähe zu Tieren. Aber wir Menschen sollten weder Götter noch Tiere sein. Wir Menschen sollten genau menschliche Wesen sein. Deshalb denke ich, dass Gautama Buddhas Lehre auch in den Bereich des Humanismus gehört.
In der bisherigen Geschichte der Menschheit ist der Gedanke leider noch nicht aufgetaucht, dass der Humanismus wirklich eine Religion ist.
Ich glaube daher, dass die Menschen im antiken Griechenland sich zum ersten Mal in der menschlichen Geschichte an ihrer humanistischen Kultur erfreut haben.