Beim
Tun und Handeln unterteilen wir normalerweise zwei Bereiche: die subjektive
Vorstellung zum Handeln und die Wahrnehmung des Objektes des Handelns. Nach der
buddhistischen Lehre gibt es jedoch nur eine Einheit von Körper-und-Geist, und
das ist die Realität, die genau mit dem Augenblick verschmolzen ist, also im
Augenblick stattfindet.
Eine
Trennung der beiden Bereiche gibt es in der buddhistischen Lehre nicht. Dies
erfordert ein neues Verständnis und eine neue Ausdrucksweise, die in diesem
Kapitel behandelt werden.
Vers
1
Natürliche
körperliche Bedürfnisse werden oft durch Ideale und idealistische Ziele eingegrenzt,
verzerrt oder sogar unterdrückt. Dabei sind mentale Vorgänge wichtig und sie
haben bei uns oft sogar Priorität gegenüber dem Körper. Sie geben dem Handeln
einen Sinn.
In
einem solchen Sinn handeln wir z.B. freundlich und selbstlos gegenüber anderen
Menschen, insbesondere wenn wir auch von ihnen ähnlich behandelt werden. Dann
entsteht durch das Handeln eine positive Wechselwirkung zwischen den Menschen
Nach
Nagarjuna entspricht dieses auch den Gesetzen der Welt und des Universums: Ein
solches Handeln ist auf die Gegenwart und auf die Zukunft gerichtet.
Vers
2
Wenn
wir über das Handeln reden, sollten wir sorgfältig und achtsam vorgehen und dabei
die Unsicherheiten der verbalen Beschreibung nicht unterschätzen. Bei jeder
Beobachtung sind in erheblichem Maße mentale Prozesse beteiligt, sodass immer
subjektive Aspekte einfließen.
Und
weiter: Bei der Beschreibung von Handlungen neigen wir dazu, Vereinfachungen
durchzuführen, die vielleicht gar nicht gerechtfertigt sind.
Vers
3
Wenn
wir über Fragen, Probleme und Zusammenhänge des Handelns diskutieren und
kommunizieren, basiert dies vor allem auf Vorstellungen, also mentalen
Bereichen.
Wenn
wir allerdings näher an die Wirklichkeit gelangen wollen, reichen mentale
Diskussionen nicht aus. Wir müssen dann auch physikalische und materielle Dimensionen
der Wirklichkeit einbeziehen. Dies ist besonders wichtig für die Untersuchung
des wirklichen Handelns, das über Ideen und materielle Aspekte hinausgeht.
Vers
4
Viele
Gespräche und Kommunikationen laufen ab, ohne dass es zu einem wirklichen
Gespräch und Austausch kommt, also ohne dass valide Informationen übermittelt
werden oder neue kreative Erkenntnisse der beteiligten Menschen entstehen.
Derartige
inhaltslose Gespräche benutzen oft überhaupt keine eigenen reflektierten
Informationen, sodass das Gedächtnis fast ausgeschaltet ist.
Vers
5
Das
Streben nach Erbauung und vordergründigem Spaß begrenzt den Menschen, ganz
gleich ob die damit verbundenen Aktivitäten rein sind oder nicht. Dies gilt
z.B. auch für die eigentliche sinnvolle Meditation, wenn wir also nur danach,
streben einen angenehmen Zustand zu erlangen und etwas Angenehmes erleben
wollen. Wahrer Samadhi und die Zazen-Meditation sind etwas ganz anderes: dabei
erstreben wir nichts zu unserem Vorteil und nichts zu unserer Erbauung.
Im
Buddhismus gibt es sieben Dimensionen der Balance: ausgeglichenes Bewusstsein,
Untersuchung des Gesetzes des Universums, Energie und Ausdauer, wahre tiefe
Freude, Gelassenheit, Konzentration und Gleichmut.
Nagarjuna
sagt, dass unser Handeln dadurch Tiefe und Schönheit hat. Wir dürfen jedoch
nicht vergessen, dass diese sieben Aspekte eine Erinnerung daran sind, was sich
ereignet hat und vergangen ist. Das gegenwärtige Handeln ist davon zu
unterscheiden.
Vers
6
Im
Buddhismus ist der gegenwärtige Augenblick die wahre Zeit, in der das Handeln als Wirklichkeit stattfindet. Die übliche
Vorstellung einer linearen Zeit als Wirklichkeit von Vergangenheit, Gegenwart
und Zukunft muss verlassen werden, um zur Wirklichkeit zu gelangen.
Wirklichkeit und Augenblick sind identisch!
Handeln
ist auch dann klare Wirklichkeit, und sie kann mit dem Verstand nicht
annäherungsweise oder gar vollständig erfasst werden.
Ergebnisse
des Handelns sind darüber hinaus Bewertungen, die voraussetzen, dass man
Vergleiche zwischen verschiedenen Zeitpunkten nach der linearen Zeit
durchführt. Die Bewertungen der Ergebnisse sind daher keine Wirklichkeit. Daher
ist das Konzept der Wirklichkeit von Ergebnissen
absurd.
Vers
7
In
diesem Vers geht es um die wichtige Beziehung von Ursache und Wirkung im Gegensatz
zum Ergebnis. Ein Ergebnis ist immer vom menschlichen Geist bewertet, also ein
mentaler Prozess, der verschiedene Zustände vergleicht, die im Sinne der
linearen Zeit nacheinander da sind. Und objektive Wirkungen sind etwas anderes
als bewertete Ergebnisse.
Nagarjuna
bringt dazu das in Indien bekannte Beispiel von Samen und Keimen: Ohne
Bewertung können wir davon einfach sprechen, dass der Keim die Wirkung ist.
Wenn man die Wahrheit der Zeit als Augenblick voraussetzt, gibt es eine
Augenblick des Samens, und einen anderen Augenblick des Keimes, beide sind
voneinander verschieden und etwas anderes ist.
Ergebnisse
kann es nur dann geben, wenn man eine Kontinuität in der Zeit voraussetzt, der
Samen wird dann als Anfang einer derartigen Kontinuität gesehen.
Bei
der linearen Zeit gibt es keine Augenblicklichkeit der Welt und dieses Konzept
ist daher ohne Wirklichkeit. Die Vorstellung der Ewigkeit ist jedenfalls
unwirklich, wenn wir die Sein-Zeit des Augenblicks bejahen.
Vers
9
Was
wir Ergebnis nennen beruht nur auf der Kontinuität des Denkens, nicht aber auf
der Wirklichkeit. In unserem denkenden Geist bewerten wir die Wirkung einer
Handlung und vergleichen sie mit einem früheren zeitlichen Zustand, z.B. vor
der Handlung. Das Ergebnis entsteht aus dieser Bewertung und dem Vergleich in
unserem Denken, außerhalb unserer Gehirntätigkeit gibt es ein Ergebnis als
Vergleich oder Bewertung aber nicht.
Vers
10
Ein
Ergebnis ist Inhalt des Denkens und nicht die Wirklichkeit außerhalb des Denkens. Die Bewertungen
gibt es schon vor dem eigentlichen Handeln in unserem Geist, sie erzeugen dann ein
Ergebnis durch Vergleich. Daraus ergibt sich das erstaunliche Phänomen, dass
die wesentlichen Merkmale eines Ergebnisses, nämlich unser Bewertungsraster, zeitlich schon vor der
Handlung liegen. Dabei setzen wir die lineare Zeit und deren Kontinuität voraus.
Da
sich Bewertungen auch ändern können, ist das sich daraus ergebende Ergebnis
weder plötzlich noch ewig.
Vers
11
Es
ist sinnvoll auf ein Ziel im Universum direkt zu zugehen. Dies gilt besonders
für das ethisch gute Verhalten nach den zehn buddhistischen Gelöbnissen:
1.
nicht zu töten, 2. nicht zu stehlen, 3. kein Missbrauch der Sexualität, 4.
nicht zu lügen, 5. sich von Alkohol, Drogen usw. fernzuhalten, 6. Andere nicht
zu kritisieren, 7. nicht stolz auf sich selbst zu sein und andere
herabzusetzen, 8. nichts zu begehren, 9. Hass und Aggression keinen Raum zu
geben und 10. die drei Kostbarkeiten Buddha, Dharma und Zanga nicht zu
beschmutzen.
Diese
ethischen einzelnen Ziele und angestrebte Ergebnisse des Handelns sind ohne
jeden Zweifel sinnvoll und Kernstück der buddhistischen Ethik. Aber sie sind
ebenfalls mentale Überlegungen, und
sie sind eng mit der sinnlichen Wahrnehmung des Verhaltens verbunden.
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