In
den beiden ersten Kapiteln gibt Nagarjuna einen ersten umfassenden Überblick
über die Grundlagen des Buddhismus und das Wesentliche des Handelns im
Augenblick. Dabei wird die Wirklichkeit ganz klar von Vorstellungen,
Einbildungen, Illusionen und Täuschungen abgegrenzt. Wichtig ist dabei auch die
Frage, wie weit Begriffe und Gedanken in der Lage sind, die Wirklichkeit möglichst
richtig und detailliert zu erfassen. Dabei wird das Beispiel eines Menschen
verwendet, der wirklich oder nur vorgestellt geht: obgleich wir alle davon
überzeugt sind, dass der Mensch eine eigenständige Einheit in seiner von ihm
getrennten Umgebung ist, hinterfragt Nagarjuna die scheinbar eindeutige
Tatsache fundamental.
Er
führt die Wirklichkeit auf das Handeln im Augenblick zurück, während der Mensch
eine Verallgemeinerung und Abstraktion sei, die zwar mit dem Handeln verbunden
ist, aber als eigenständige Entität verstanden wird. Aus diesem Grund ist es
unsinnig zu glauben, dass der Mensch als Entität unverändert durchs Leben geht,
also im Kern konstant ist und ganz genau gegen die Umgebung und andere Menschen
abgegrenzt werden kann. Eine solche irrige Auffassung führt zu Übersteigerung
der Vorstellung eines unveränderlichen Ich, dass schon Gautama Buddha in aller
Klarheit abgelehnt hat. Wenn wir zur Wirklichkeit des Menschen vordringen
wollen, müssen wir uns von dem Begriff und der Vorstellung des tatsächlichen
unveränderlichen Ich lösen: das Ich ist keine eindeutige Wirklichkeit.
Aus
materialistischer Sicht halten wir den menschlichen Körper und überhaupt die
Dinge und Formen für das Wesentliche. Zweifellos gibt es eine materielle
Dimension der Welt, die auch keine Nebensächlichkeit ist, wie viele Idealisten
denken und behaupten. Die wirkliche Welt besteht aber auch nicht aus Ideen und
Gedanken, wie die Idealisten meinen, obgleich die Dimensionen der Ideen des
Denkens der Gedanken und nicht zuletzt der ethischen Ideale durchaus ein Teil
der Wirklichkeit sind. Dies wird häufig von Materialisten entweder ganz
abgestritten oder als unwesentlich beiseite geschoben.
Nagarjuna
entwickelt im MMK eine umfassende Lehre des Buddhismus, in allen seinen
Dimensionen und Fassetten. In diesem Kapitel untersucht er unsere Wahrnehmung durch
die Sinnesorgane. Damit geht es um die materielle Dimension unseres Lebens und
der Wirklichkeit.
Er
übernimmt die alte indische Lehre, dass es zu den fünf Sinnesorganen: Sehen,
Hören, Riechen, Schmecken und Tasten/Fühlen ein sechstes Sinnesorgan gibt, das
im Gehirn lokalisiert ist. Dort werden nach indischer Vorstellung alle
Informationen der Sinnesorgane verarbeitet und ins Bewusstsein gebracht.
Dabei besteht im Übrigen
weitgehend Übereinstimmung mit der naturwissenschaftlichen Gehirnforschung, denn
ein sehr großer Teil unseres Gehirns verarbeitet die aufgenommenen
Sinnesreizungen aus der Umwelt, nachdem sie von den Sinnesorganen in
biochemische Daten umgewandelt und zum Gehirn weitergeleitet worden sind.
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