Auf den ersten Blick ist es
sicher eigenartig, dass Nagarjuna ein langes und detailliertes Kapitel zum
Gehen und der Wirklichkeit des Gehens an den Anfang seines fulminanten Werkes MMK
setzt. Warum verfährt er so? Warum sind das Gehen und der Mensch, der geht, so
wichtig? Wie hängt das Gehen mit dem Geher zusammen?
Aus meiner Sicht beschreibt
Nagarjuna mit dem Gehen gleichnishaft den buddhistischen Weg unserer eigenen
Entwicklung und warnt vor diversen Fehlern:
Wir bilden uns z. B. ein,
wunderbare Fortschritte auf dem Buddha-Weg gemacht zu haben und denken, wir
stehen kurz vor der Erleuchtung. Aber das sind vielleicht nur unsere Einbildung
und unser Stolz und damit überhöhen wir nur unser Ego. Das ist das Gegenteil
vom Mittleren Weg.
Wir sind vielleicht ganz auf
das Ziel unseres Weges fixiert, die Wegstrecke bis dahin wollen wie möglichst
schnell durchlaufen. Dann sind wir an das großartige Ziel der eigenen Erleuchtung
gefesselt und haben den Sinn für die Wirklichkeit von uns selbst und der Umwelt
auf unserem Weg verloren. Wie können wir uns vor einer subjektiven Beschönigung
schützen?
Wenn wir auf dem Buddha-Weg gehen,
ist die übertriebene Vorstellung des ersehnten Ergebnisses schädlich, es kommt
nur auf das Handeln im gegenwärtigen Augenblick an, z. B. Zazen, „nicht
denken“, und Bodhidsattva-Handeln. Warum?
Gehen ist ein hoch komplexer
biologisch-physikalischer Vorgang, den wir bekanntlich selbst als kleines Kind
erlernen müssen. Aber Gehen ist ein total natürlicher Vorgang und dazu
weitgehend unbewusst.
Gehen ist nur im
Gleichgewicht möglich. Auch der mittlere Weg ist ein Weg des Gleichgewichtes:
Wenn wir kein Gleichgewicht haben oder es wieder verlieren, können wir überhaupt
nicht gehen und niemals das Ziel erreichen. Ohne Gleichgewicht, z. B. in der
Zazen-Praxis, gibt es keine Chance, den buddhistischen Weg zu gehen.
Durch theoretische
Kenntnisse oder Spekulationen des Gehens, können wir überhaupt nicht in der
Praxis gehen und durch Denken, Ideen und die buddhistische Lehre allein, gibt
es niemals Erwachen oder Erleuchtung!
Durch die intuitiv-klare
Erfahrung der Einheit mit dem Universum, Dharma, gelingt die Überwindung des
Dualismus. Das ist eigentlich so natürlich wie zu gehen. Gleichzeitig muss die
Sorgfalt für das Einzelne, den Dharmas, also die Dinge und Phänomene, mit der
großen Einheit verschmolzen werden. In schwierigem Gelände brauchen wir unsere
ganze Sorgfalt und genaue Beobachtung des Weges, um nicht zu stolpern oder zu
fallen. Das gilt auch und gerade für den Buddha-Weg. Dabei schadet Resignation
und Trägheit genau so wie Überheblichkeit und Hektizismus. Wir müssen schlicht
cool bleiben.
Auf dem Buddha-Weg gibt es
keine Entfernungen in Maßeinheiten wie Meter oder Kilometer. Wichtig ist das wahre
Gehen und nicht die Entfernung. Es ist nur möglich, das Ziel zu erreichen, wenn
wir bei jedem Schritt im Gleichgewicht sind und wirklich gehen. Wenn wir dem Ziel
eine zu hohe Bedeutung geben, verlieren wir die Sorgfalt des Augenblicks für
das konkrete Gehen und erreichen niemals das zu stark ersehnte Ziel. Der
gegenwärtige Schritt ist immer der wichtigste.
Alle Bewegungen der Arme,
Hände und Beine müssen stimmen, wenn wir konkret handeln und etwas machen.
Die Wirklichkeit auf dem
Buddha-Weg existiert im Augenblick und ist nicht die lineare gedachte Zeit, z.
B. die Anzahl der Jahre seitdem wie Buddhisten sind.
Wenn ein Geher nicht mehr
geht, ist er kein Geher mehr: Wenn wir nicht mehr mit Körper-und-Geist
buddhistisch handeln, sind wir keine Buddhisten mehr! Dann ist das Wort nicht
mehr mit der Wirklichkeit identisch und wir sind in der Sackgasse gefangen.
1 Kommentar:
Danke, guter Artikel immer von Vorteil
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