MMK, Kapitel 2 : Untersuchung der Wirklichkeit von „gegangen“ und „nicht gegangen“ (Gatagata pariksha), Teil 2
Nagarjuna geht es in diesem Kapitel ganz wesentlich darum, den fundamentalen Unterschied zwischen Denken, Vorstellungen, Bewerten einerseits und der großen und lebendigen Wirklichkeit andererseits herauszuarbeiten. Denn die Wirklichkeit ist die Grundlage der buddhistischen Lehre und Praxis und ermöglicht die Überwindung des Leidens und Freiheit durch Handeln ohne Blockaden und Hindernisse. Ohne Wirklichkeit keine Erleuchtung!
Darüber hinaus unterscheidet Nagarjuna in der Gesamtsituation des Gehens zwischen dem abstrakten Menschen, den Bewegungen seiner Füße und Hände, dem beobachteten Prozess des Gehens mit einem Anfang und einem Ende und dem Handeln selbst, genau im Augenblick, das auch im Zen – Buddhismus bei Meister Dôgen von zentraler Bedeutung ist.
Was ist z. B. mit dem „Geher“, wenn er zunächst stehen bleibt, dann eine bestimmte Strecke geht und sich dann hinsetzt? Wann und wie lange ist er ein „Geher“? Daraus ist erkennbar, dass Abstraktionen wie Geher oder Person untauglich sind, um zum Kern des Handelns und damit zur Wirklichkeit zu gelangen.
Nach meiner festen Auffassung sind wir nur handelnd im Augenblick in der Wirklichkeit verankert und dabei haben Denkprozesse und Wahrnehmungen eine nebengeordnete Bedeutung, um nicht zu sagen eine Hilfsfunktion. Außerdem ist Denken für das meiste Handeln zu langsam und ineffizient, z. B. beim Bogenschießen. Die über-logische Methode des Buddhismus basiert immer auf dem Realismus, um sowohl die Dinge und Phänomene dieser Welt als auch die umfassende spirituelle Einheit von Mensch und Universum zu beschreiben. Dazu bedarf es einer neuen vernünftigen Intuition!
Vers 1
Die Erinnerung, früher gegangen zu sein, geht nicht wirklich, genauso wenig wie der Gedanke, in Zukunft zu gehen.
Der Gedanke und die Vorstellung, in der Gegenwart zu gehen, ist ebenfalls nicht das Gehen selbst also nicht das wirkliche Gehen.
Wenn wir die scheinbare Tatsache des jetzigen Gehens denken, ist das nicht das wirkliche Gehen. Wenn nicht einmal der einfache Bewegungsprozess von einem Ort zum anderen durch Denken und Vorstellung wirklich erfasst werden kann, gilt dies umso mehr für wichtige spirituelle Bereiche.
Vers 2
Die konkreten physischen Bewegungen von Füßen und Händen gehören zur wirklichen Tatsache des Vorangehens. Sie sind also etwas anderes als die Idee des Gehens.
Bei einer solchen Tatsache des Gehens im Augenblick durch die Bewegung der Füße und Hände sind die Vorstellungen des früheren und zukünftigen Gegangen-Seins verschwunden.
Bei den Bewegungen der Hände und Füße handelt es sich um die Wirklichkeit als Handeln im jetzigen Augenblick. Das kann man zwar später auch mit Worten beschreiben, aber das Wesentliche ist das Handeln selbst. Dies bezeichnet Nagarjuna als "Vorangehen".
Freitag, 20. Januar 2012
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