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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Dienstag, 6. November 2007

5. Regeln für die Zazen-Halle der schweren Wolke (Ju-undo-shiki)

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1. Menschen, die den Willen zur Wahrheit haben und Ruhm sowie Profit fortwerfen, mögen eintreten. Wir sollten nicht zufällig jene zulassen, die unehrlich sind. Wenn wir jemanden fälschlich zugelassen haben, sollten wir ihn nach gründlicher Überlegung dazu bringen, fortzugehen.

Grundprinzip: Menschen, die den starken Willen haben, nach der Wahrheit zu streben, können eintreten. Wir sollten niemals jemanden annehmen, der eifrig dahinter her ist, Ruhm oder Profit zu erlangen. Wenn solche Menschen, die nach Ruhm oder Profit gieren, fälschlich in den Dojo eingetreten sind, müssen wir einen solchen Menschen nach gründlicher Überlegung und Würdigung der gesamten Umstände ausschließen.

Im buddhistischen Leben strengen wir uns an, die Wahrheit sorgfältig und ausdauernd zu untersuchen. Wenn jemand daher anfängt, den Buddhismus zu studieren, um Ruhm oder Profit zu erlangen, ist eine solche Anstrengung für ihn und jeden anderen völlig nutzlos, weil dies in der Tat nur eine bestimmte Art von Zeitverschwendung ist. Wenn daher jemand im Dojo nicht den Willen zur Wahrheit hat, so fordert Meister Dogen, dass wir ihn aus dem Dojo nach sorgfältiger Untersuchung ausschließen. In solchen Dojos wurde in Japan zuerst Zazen praktiziert. Derjenige, der den Willen zur Wahrheit nicht hat, sondern nach Ruhm und Profit giert, muss daher ausgeschlossen werden.

2. Denkt daran, wenn der Wille zur Wahrheit im Verborgenen entstanden ist, muss sich die Gier nach Ruhm und Profit sofort auflösen.

Grundprinzip: Wenn jemand den Willen zur Wahrheit hat, löst sich die Gier nach Ruhm und Profit zwangsläufig sofort auf.

Wenn wir leider den Tatsachen in der heutigen menschlichen Gesellschaft ins Auge sehen, in der wir jetzt genau leben, kann man erkennen, dass es in ihr eine Mischung des Strebens nach Ruhm und Profit gibt. Was Meister Dogen hier sagt, mag daher zunächst sehr seltsam und weltfremd klingen. Wenn wir jedoch die wirklichen Umstände der menschlichen Gesellschaft gründlich untersuchen, haben die Menschen, die im 21. Jahrhundert leben, vollständig den Glauben an die Existenz der Wahrheit verloren. Wenn wir weiterhin genau die Gründe untersuchen, warum wir Menschen den Glauben an das Dasein der Wahrheit verloren haben, erkennen wir, dass diese geschichtlichen Tatsachen aus Umständen erwachsen sind, die wir seit den alten Zeiten erlebt und erfahren haben. Im Zeitalter der alten griechisch-romanischen Kultur wurden die zwei verschiedenenartigen und kraftvollen Philosophien gefunden, nämlich der Idealismus und Materialismus. Diese beiden tief greifenden Philosophien sind beide aus intellektuellen Überlegungen entstanden und sie haben daher beide die typischen Merkmale einer intellektuellen Philosophie. Sie beruhen auf dem Denken und der materiellen und sinnlichen Wahrnehmung. Es ist daher unmöglich für die Menschen, eine dieser beiden Philosophien zu bevorzugen und die andere wegzulassen, die beide sind unvollständig, also einseitig. Wenn wir mit anderen Worten nur mit dem Verstand nach der Wahrheit suchen, ist es vollständig ausgeschlossen, dass wir überhaupt mit diesen beiden Philosophien eine einzige Wahrheit finden und ergreifen können.

Wir kommen daher zu dem erstaunlichen Schluss, dass wir Menschen in einer Gesellschaft gelebt haben, wo es keine Wahrheit gibt! Durch die Existenz der zwei ganz verschiedenen Arten von sog. Wahrheit ergibt sich der Glaube, dass es eben nur diese beiden unterschiedlichen Wahrheiten gibt und daher glaubt niemand daran, dass man eine einzige Wahrheit finden kann. Diese Entwicklung hält nun seit vielen tausenden von Jahren an.
Wenn wir Menschen daher nur eine einzige höchste Wahrheit ergreifen wollen, müssen wie diese beiden intellektuellen sog. Wahrheiten zumindest teilweise über Bord werfen und in eine gänzlich andere Art von Wahrheit eintreten, die nur als Einheit existieren kann. Vor diesem Hintergrund empfahl uns Gautama Buddha die nur verstandesmäßigen Bereiche zu verlassen und in den Bereich des Realismus einzutreten. Meister Dogen betonte, dass es notwendig ist, die Gier nach Ruhm wegzuwerfen, der ein Symbol des Idealismus ist und auch die Gier nach Profit aufzulösen, der ein Symbol des Materialismus ist, wenn wir in den großen Glück bringenden Bereich der Wirklichkeit eingehen wollen.
Meister Dogen legt in großer Ehrlichkeit seine eigenen Erfahrungen offen, dass nämlich unsere Gier nach Ruhm und Profit vollständig und ganz schnell verschwinden wird, wenn wir das ehrliche Bestreben haben, die Wahrheit zu ergreifen.
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3. Da nun jeder von uns dem (Etwas) begegnet, dem sehr schwer zu begegnen ist und das praktiziert, was schwer zu praktizieren ist, dürfen wir auf keinen Fall unsere Aufrichtigkeit verlieren. Diese (Aufrichtigkeit) wird der Körper-und-Geist der buddhistischen Vorfahren im Dharma genannt und es wird zweifellos Buddha und wird zweifellos Vorfahre im Dharma.

Grundprinzip: Wir haben tatsächlich dasjenige getroffen, was außerordentlich schwierig anzutreffen und überaus schwer zu praktizieren ist. Daher sollten wir niemals die Aufrichtigkeit vernachlässigen oder vergessen.

Die Aufrichtigkeit wird Körper-und-Geist der buddhistischen Vorfahren im Dharma genannt. Ein Mensch, der tatsächlich diese Aufrichtigkeit beibehält, wird zweifellos Buddha und Nachfolger im Dharma werden.
In dieser Bedeutung empfiehlt uns Meister Dogen dringend, die zwei Arten von Begierden, nämlich Ruhm und Profit, vollständig fortzuwerfen.

4. Jetzt ist genau die Zeit, um (zu praktizieren, als wenn) ein Feuer auf unser Haupt gelegt wird.

Grundprinzip: Jetzt ist genau der Augenblick, in dem wir Zazen praktizieren und alles vergessen sollten. Wenn wir uns so anstrengen, ist es das selbe, als wenn wir Feuer auf unser Haupt legen, das tatsächlich jetzt unser Haar anbrennt.

Der Buddhismus ist eine Lebensphilosophie des Handelns und wenn daher genau jetzt unser Haar anbrennt, ist es für uns nicht wichtig lange zu überlegen, ob und warum es notwendig für uns ist, das Feuer auslöschen oder erst laut zu schreien, ohne dabei das Notwendige zu tun Wir verhalten uns einzig und allein richtig, wenn wir das Feuer sofort und ohne Zögern selbst auslöschen.
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5. Wenn wir uns in der( Zazen-)Halle aufhalten, sollten wir keine Schriften und nicht einmal Zen-Texte lesen. In der Halle sollten wir die wahren Grundsätze (des Buddhismus) verwirklichen und nach dem Zustand der Wahrheit streben. Wenn wir vor einem hellen Fenster (zum Lesen) sitzen, können wir den (wahren) Geist durch die Lehren (der alten Meister) erleuchten.

Grundprinzip: Wenn wir im Zendo sind, sollten wir nicht irgendwelche Bücher lesen, auch keine buddhistischen Texte. Im Zendo sollten wir die authentische Haltung des Zazen realisieren und dem Zustand der Wahrheit folgen. Wenn wir uns im Gebäude für das Studium der buddhistischen Lehre und Theorie aufhalten, sollten wir einen guten hellen Platz suchen, um die Bücher der Theorien der alten Meister zu studieren.

Meister Dogen unterschied damit ganz deutlich einerseits das geistige und theoretische Streben und andererseits die Praxis. Er empfahl uns, dass wir in der Zazen-Halle nur praktizieren( und nicht theoretisch arbeiten).
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6. Wir sollten die anderen nicht wegen ihrer Fehler schlagen.

Grundprinzip: Wir sollten andere niemals schlagen, weil sie Fehler begangen haben.
Wir sollten andere wegen ihrer Fehler nicht bestrafen und nicht schlagen. Es ist zwar notwendig für uns, dass wir andere lehren, damit sie ihre Fehler berichtigen können, aber wir sollten sie nicht verletzen oder böse treffen (auch nicht psychisch!).

Heute gibt es in japanischen buddhistischen Tempeln viele Beispiele, in denen die alten Schüler die jüngeren Menschen schlagen. Aber ein solches Vorgehen ist grundsätzlich falsch, zumal in einem Zeitalter, wo der wahre Buddhismus so weit heruntergekommen ist wie gegenwärtig.
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7. In der Halle sollten wir das Gehen nicht als Zeremonie praktizieren.

Grundprinzip: In der Zazen-Halle sollten wir nicht die Zeremonie des Gehens praktizieren, um die Sutra zu rezitieren.

In den buddhistischen Tempeln müssen die Mönche manchmal in gewundenen Linien gehen, um die Sutra zu rezitieren. Aber Meister Dogen verwirft dies für die Zazen-Halle, weil er denkt, dass die Zazenhalle nur benutzt werden sollte, um wirklich Zazen zu praktizieren und damit die Mönche nachts dort schlafen.
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In der Zazen-Halle sollten wir nicht singen und keine Sutra lesen.

Grundprinzip: In der Zazenhalle sollten wir (wie erwähnt) keine Sutra rezitieren und auch keine buddhistischen Bücher lesen.

Eine Zazenhalle ist ein Gebäude, wo die buddhistischen Mönche nur Zazen praktizieren sollten. Nachts wird die Halle benutzt, damit die Mönche dort schlafen können. Daher hat Meister Dogen entschieden, dass die Zazenhalle niemals benutzt wird, um die Sutra zu rezitieren oder buddhistische Bücher zu lesen.
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9. Wenn die Menschen streiten, sollten beide in ihr Quartier zurückgeschickt werden, weil sie nicht nur ihre eigene Praxis für die Wahrheit wesentlich behindern, sondern auch andere erheblich belästigen.

Grundprinzip: Wenn buddhistische Mönche im Streit miteinander liegen, sollten diese beiden Mönche ohne Zweifel schnell in einen anderen Raum gebracht werden. Sie zerstören und stören nicht nur ihre eigene Zazen-Praxis, sondern belästigen und stören auch die anderen bei ihrem Zazen in der Halle.

Wenn die Menschen miteinander streiten, verlieren sie in der Regel ihr eigenes Gleichgewicht des VNS. Wir können daher sagen, dass die Mönche, die sich streiten, ihre innere Balance verloren haben und sich wirklich schämen sollten. Es ist durchaus zulässig, dass die buddhistischen Mönche miteinander reden und auch kontrovers diskutieren, aber sie sollten überhaupt niemals und in keinem Fall in Streit geraten.

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