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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Dienstag, 2. Januar 2007

Der Buddhismus ist die Lehre von der Wirklichkeit

Bis in die heutige Zeit wurde Buddhismus als eine Art Idealismus und manchmal sogar als Nihilismus angesehen. Aber wenn man z. B. die Werke des japanischen buddhistischen Mönchs Meister Dogen oder des indischen buddhistischen Mönchs Meister Nagarjuna genauer studiert, wird ganz klar, dass sie den Buddhismus als Realismus und Wirklichkeit hier und jetzt verstanden und darstellten. Wenn wir daher den Buddhismus nicht auf der Grundlage der Lehre der Wirklichkeit verstehen, können wir den Buddhismus niemals verstehen. Diese Wirklichkeit gibt den Menschen tiefe Freude am Leben im Hier und Jetzt und gibt die Kraft, das Leiden zu überwinden

1. Überwinden des einseitigen Idealismus und Materialismus
Zunächst möchte ich anmerken, dass im Folgenden Sanskrit-Begriffe in normaler lateinischer Schrift wiedergegeben werden, damit im Blog keine Unklarheiten durch unleserliche und irreführende Zeichen entstehen.
Wenn wir annehmen, dass der Buddhismus eine Religion ist, die an die wirkliche umfassende Existenz dieser Welt glaubt, ergibt sich zwangsläufig, dass wir sowohl den einseitigen Idealismus als auch den engen Materialismus ablehnen und überwinden müssen. Die buddhistische Lehre von der Wirklichkeit ist tatsächlich vom Idealismus und Materialismus unabhängig, so dass wir keine einfache Koexistenz mit diesen westlichen Philosophien annehmen können. Daher sagte u. A. der japanische Meister Bokuzan Nishi-ari (1821-1910), ein früherer Abt des Soji-ji Tempels, in seinem Buch mit dem Titel "Shobogenzo Keiteki" oder "Öffnen der Wahrheit des Shobogenzo", dass Materialismus (Danken-Gedo) und Idealismus (Joken-Gedo) die Feinde des Buddhismus sind! Meister Nishi-ari studierte gründlich den Buddhismus in Japan vor der so genannten Meiji Restauration (1867), also bevor es sich dem westlichen Einfluss weit öffnete. Wir können davon ausgehen, dass es früher tatsächlich die ganz klare Erkenntnis gab, dass der Buddhismus auf keinen Fall mit dem Idealismus oder Materialismus gleichgesetzt werden kann. Es muss auch betont werden, dass manche Materialisten den buddhistischen Realismus mit ihren eigenen Vorstellungen und Ideologien gleichsetzen, aber eine solche Interpretation des Buddhismus ist vollkommen falsch. Weil der Materialismus keine spirituellen Werte oder Bedeutungen, also keinen spirituellen Sinn anerkennt, unterscheidet er sich grundsätzlich von der buddhistischen Lehre der Wirklichkeit, der gerade spirituelle Werte, den Sinn des Lebens und die Moral akzeptiert und sehr hoch schätzt. Daher müssen wir in aller Deutlichkeit den Materialismus vom buddhistischen Realismus abgrenzen. Im chinesischen und japanischen Buddhismus benutzen wir die beiden Worte Danken-Gedo und Joken-Gedo und grenzen sie entsprechend fundamental von der buddhistischen Lehre ab; diese Begriffe bedeuten wie gesagt Materialismus und Idealismus

2. Was ist Erleuchtung?
Wenn wir im Buddhismus darüber nachdenken, was eigentlich Erleuchtung ist, so kommen wir zu dem Schluss, dass es unsere umfassende Erfahrung in der Wirklichkeit und Wahrheit ist. Wir leben dann genau und tatsächlich in der wirklichen Welt und nicht nur in einer Scheinwelt des Geistes oder der äußeren Materie. Wir leben also nicht im Bereich des Verstandes oder der Wahrnehmung, denn dies ist niemals die volle Wirklichkeit. Und dadurch, dass wir häufig nicht in der großartigen Wirklichkeit selbst leben, machen wir viele Fehler und leiden deswegen so häufig in unserem Leben..
Ich vermute, dass manche vielleicht zweifeln, dass eine solche Tatsache von jedem Menschen ganz einfach erkannt werden kann. Aber ich glaube tatsächlich, dass es viele gibt, die eigentlich subjektiv annehmen, dass sie wesentlich in der Welt des Geistes leben und dass es auch viele gibt, die subjektiv meinen, wesentlich in der Welt der äußeren Materie und Form zu leben. Wenn wir weiterhin darüber nachdenken, warum sich diese etwas eigentlich doch sehr seltsame Scheinwelt in den Menschen festgesetzt hat, müssen wir zunächst feststellen, dass die wirklichen Ursachen hierfür vor dem 20. Jahrhundert gar nicht erkannt werden konnten. Denn erst im 20. Jahrhundert haben sich die Wissenschaft und Forschung in der Psychologie und Physiologie so weit entwickelt, dass wir klarer sehen können.
Glücklicherweise wurde im 20. Jahrhundert mit der Weiterentwicklung der menschlichen Kultur Klarheit darüber gewonnen, dass es im menschlichen Körper und Geist ein bestimmtes Nervensystem gibt, das vegetatives oder auch autonomes Nervensystem genannt wird. Dieses gliedert sich in zwei zusammenwirkende Teile, nämlich das sympathische und das parasympathische Nervensystem. Wie wissenschaftlich erwiesen wurde, ist das sympathische Nervensystem stark mit der menschlichen Fähigkeit zum Denken und das parasympathische Nervensystem mit der menschlichen Fähigkeit der Wahrnehmung verbunden. Wenn jemand also ein starkes sympathisches Nervensystem hat, neigt er dazu, eine Persönlichkeit mit starken Idealen und vielen Ideen und Gedanken zu sein und er hat daher subjektiv die Vorstellung, dass er in einer Welt des Geistes lebt. Wer demgegenüber ein stärkeres parasympathisches Nervensystem hat, neigt dazu, eine materialistische Persönlichkeit zu sein und er hat im Allgemeinen subjektiv die Vorstellung, dass er in einer Welt der Materie und der äußeren der Formen lebt. Daraus ergibt sich, dass ein stärkeres sympathisches oder parasympathisches Nervensystem maßgebend dafür ist, ob wir eher Idealist und Ideologe oder eher ein Materialist sind. Dies mag für viele überraschend und zu einfach sein, aber ich bin fest davon überzeugt und werde diesen Zusammenhang noch genauer erläutern und begründen. Vor allem geht es darum, wie wir unser Gleichgewicht zurück gewinnen und wie wir dann den direkten Zugang zur heilenden Wirklichkeit und Wahrheit in unserem täglichen Leben bekommen.

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