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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Dienstag, 27. März 2007

Geschichte der Dogen-Sangha


Im Folgenden möchte ich einen Überblick über die Geschichte der Dogen-Sangha, die seit dem 1.3.2007 zur Dogen Sangha International erweitert wurde, und mein eigenes buddhistisches Leben geben. Sicher werden dadurch auch meine Vorstellungen und Erfahrungen des wahren Buddhismus klarer, die ich bereits dargestellt habe.

1. Die Ursprünge, der Buddhismus und ich

Ich bin jetzt 87 Jahre alt geworden und wenn ich über mein langes vergangenes Leben nachdenke, fühle ich mich sehr glücklich, dass ich dem Buddhismus begegnet bin und ihn seit vielen Jahren studiert und praktiziert habe. Ich habe m. E. das Wesen des Buddhismus verstanden und möchte ihn jetzt durch den Blog der Dogen-Sangha über das Internet an alle Menschen in der Welt übermitteln.
Als ich jung war, hatte ich nicht im Entferntesten daran gedacht, dass es nur eine einzige Wahrheit gibt, die das ganze Universum durchzieht. Aber nachdem ich die buddhistische Lehre kennen gelernt hatte, die von Gautama Buddha entwickelt wurde, war dies der Anfang, dem Buddhismus vollständig zu vertrauen, und seitdem habe ich weit mehr als 65 Jahre meines Lebens den Buddhismus studiert, ihn praktiziert, gelehrt und so weit wie möglich verbreitet. Kürzlich habe ich nun den Blog der Dogen-Sangha eröffnet und ich bin sehr glücklich, die buddhistische Lehre mit dieser neuen Technologie auf der ganzen Erde verfügbar zu machen.
Sicherlich sind die großen Religionen der Welt in der Gegenwart nicht in einer einfachen Lage und in der Tat gibt es außerordentlich ernste Probleme, die sich für den religiösen Glauben in der Welt aufgetürmt haben. Dabei ist das Problem des fundamentalistischen Islam nur ein Beispiel von vielen. Die Lage hat sich erheblich verkompliziert und obgleich viele ausgezeichnete Politiker, religiöse Führer und Wissenschaftler große Anstrengungen unternehmen, diese ernsten Probleme zu lösen, scheint es für die Menschen gegenwärtig noch nicht leicht zu sein, solche religiösen Verwirrungen zu klären und einer Lösung zuzuführen.
Glücklicherweise bin ich wie gesagt dem Buddhismus begegnet. Diese Lehre unterstreicht in aller Klarheit, dass wir die beiden grundsätzlichen einseitigen und daher nicht korrekten Philosophien, nämlich den Idealismus und Materialismus überwinden müssen und dass wir die Wirklichkeit selbst annehmen sollten, so wie sie ist. Dann ergeben sich die besten Lösungen für die Menschheit. Als ich diese Lehre zum ersten Mal hörte, war ich sehr erstaunt und es schien mir fast unmöglich, ihr zu folgen. Als ich aber dann fort fuhr, den Buddhismus genauer zu studieren, fand ich, dass er überaus vernünftig ist und uns wirklich überzeugt, von der einseitigen und unvollständigen Weltanschauung des Idealismus und Materialismus Abstand zu nehmen. Wir können dann unsere Augen für die unmittelbare Wirklichkeit öffnen und das Leben viel besser meistern. Mir erschien diese Lehre dann wirklich recht einfach und direkt, verglichen mit den komplizierten Philosophien, die im Westen entwickelt worden sind und das hat mich immer wieder von Neuem überrascht. Es war schließlich für mich überhaupt nicht mehr möglich, diese wirklich verständlichen und praktischen Lehren des Buddhismus zu bezweifeln oder gar abzulehnen.

a) Der Buddhismus und meine Familie
Die Familie, in der ich aufwuchs, war nicht religiös. Mein Vater folgte der japanischen Sitte jener Zeit und reinigte einen kleinen shintoistischen Altar, in dem er die Blätter, das Wasser und die Sake am Anfang jedes Monats erneuerte. Aber er war kein gläubiger Anhänger des Shintoismus. Meine Mutter besuchte regelmäßig einen Shinto-Schrein in der Nähe unseres Hauses, aber sie war ebenfalls nicht sehr gläubig im Shintoismus. Es gab daher bei mir durch die Familie keinen starken religiösen Glauben, der mich nachhaltig beeinflusst hätte.

b) Der zweite Weltkrieg und der Buddhismus
Wie meine Familie war ich also in meiner Kindheit nicht sehr religiös. In den Jahren 1932 und 1936 gab es in Japan eine starke Auseinandersetzung und politische Konfrontation zwischen dem nationalistischen Militarismus und dem marxistischen Kommunismus. Diese Konfrontation wurde immer schärfer und aggressiver, so dass ich den Zwang verspürte, selbst genauer zu überlegen, welche dieser beiden Weltanschauungen wohl richtig sei. In dieser Zeit wurde für mich das Wesen der religiösen Sichtweise immer wichtiger und beschäftigte mich immer ernsthafter.
In dieser Situation ergab sich die Möglichkeit, an einem buddhistischen Retreat teilzunehmen, das von Meister Kodo Sawaki geleitet und in dem Tempel Daichu-ji in der Tochigi-Präfektur im nördlichen Distrikt von Tokyo durchgeführt wurde.
Damals hörte ich zum ersten Mal die klare Aussage von Meister Kodo Sawaki: "Die politische Rechte hat Unrecht und die politische Linke hat auch Unrecht". Diese Aussage ging mir immer wieder durch den Kopf und ich kam zu dem Schluss, dass dies richtig sein muss.

2. Meine Großeltern

Es ist sehr wahrscheinlich, dass ich als menschliches Lebewesen von Genen beeinflusst bin, die dem Gesetz von Ursache und Wirkung folgen. Daher möchte ich ganz kurz von meinen Großeltern und meinen eigenen Eltern berichten und den Zusammenhang schildern, wie ich buddhistischer Mönch wurde.

a) Meine Großeltern der väterlichen Seite
Mein Großvater hatte den Namen Tanemi Koganemaru und war ein Soldat des feudalistischen Clans in Fukuoka. Obgleich dieser feudalistische Clan loyal zu der Regierung Tokugawa war, war er begeistert davon, dass die neue imperiale Regierung Japans gebildet wurde, die ein japanisches Weltreich errichten wollte. Bevor jedoch dieses Regime an die Macht kam, wurde mein Großvater von der Polizei des Clans gefangen genommen. Er saß dann im Gefängnis in einer Festung, als das neue imperiale Regime die Macht ergriff. Daher wurde er plötzlich freigelassen und konnte wieder sein Leben in der Familie weiterführen. Westlich der Stadt Fukuoka gibt es einen kleinen Berg mit der Bezeichnung Kayaberg (Tsukushi Fuji) und am Fuß dieses Berges lag das Dorf Koganemaru, in dem fast alle Familien ebenfalls den Namen Koganemaru hatten. Es wird berichtet, dass ein besonderer Soldat mit Namen Kuniomi Hirano dort mit der wichtigsten Familie des Dorfes zusammen lebte. Später wurde er der Führer der Revolte bei der Ikuno-Silbermine in der Hyogo Präfektur gegen die alte Tokugawa Regierung. Wir können daher annehmen, dass mein Großvater von Hiranos Parolen für das japanische Weltreich und das neue imperiale Regime recht stark beeinflusst war.
Nachdem dieses Regime mit dem gigantischen Ziel eines japanischen Weltreiches die Macht ergriffen hatte, arbeitete mein Großvater als Assistent von Soho Tokutomi, der ein berühmter Historiker in jener Zeit war. Es scheint jedoch, dass mein Großvater nicht sehr zufrieden mit seiner finanziellen Lage war.
Meine Großmutter war außerordentlich fleißig, um das nötige Geld zu verdienen, damit sie ihre beiden Söhne allein groß ziehen konnte, solange ihr Mann nicht in der Familie lebte. Der jüngere der beiden Brüder war mein Vater. Während mein Großvater im Gefängnis saß, entzog der Clan im Übrigen der Familie ihren bisherigen Namen und gab ihr den neuen Namen Nishijima, so dass mein Vater Iwao Nishijima hieß und ich diesen Namen übernommen habe.

b) Meine Großeltern der mütterlichen Seite
Mein Großvater der mütterlichen Seite hatte den Namen Sukeyoshi Terai und war ein Soldat der alten Tokukawa-Regierung. Er kämpfte in deren Armee gegen das neue imperiale Regime, nachdem sich dieses bei der Stadt Aizu im Nordostdistrikt von Japan festgesetzt hatte. Er glaubte sehr ernsthaft an den persönlichen Gott mit dem Namen Sugawara Michizane und als dieser ihm im Traum erschienen war und ihm sagte, er solle nach Tokyo zurückkehren, folgte er und ging wieder nach Tokyo. Später wurde er Offizier in der Stadt Yokohama und leitete dort eine Abteilung. Gleichzeitig war er Lehrer von Haiku im traditionellen alten Stil. Seine Frau starb, als meine Mutter noch sehr jung war, so dass sie nach der zweiten Heirat meines Großvaters mit einer Stiefmutter aufwuchs.

3. Das besondere Training durch meinen Vater

Wenn ich darüber nachdenke, was mich am Buddhismus so angezogen hat, obgleich ich doch wirklich nicht in einer besonders religiösen Familie aufgewachsen war, muss ich immer daran denken, wie mein Vater mit mir in meiner Kindheit ein besonderes Lauftraining durchführte.
Als ich sechs oder sieben Jahre alt geworden war, war ich kein besonders kräftiger Junge. Ich war physisch eher klein und schmächtig und man konnte mich wirklich nicht als robust bezeichnen. Bei den sportlichen Wettkämpfen, die jedes Jahr in der Primary School abgehalten wurden, war ich meistens der Letzte.

a) Lauftraining
Mein Vater machte sich deshalb wohl Sorgen und schlug eines Abends nach dem Essen vor, dass wir einen Spaziergang machen sollten. Nachdem wir ein wenig gegangen waren, fand er einen Ort, wo nicht so viele Menschen anwesend waren. Dann sagte er mir, ich solle bis zum nächsten Strommast laufen, der nicht weit von uns entfernt stand und dann zu dem Ort zurücklaufen, von wo ich starten sollte und wo wir jetzt standen. Ich konnte beim besten Willen den Grund dafür nicht verstehen, auf der anderen Seite gab es auch keine ernsthaften Argumente, das Laufen abzulehnen. Daher folgte ich der dringenden Bitte meines Vaters an diesem und dann auch an den folgenden Abenden.
Ohne dass ich es recht bemerkte, wurden die Strecken, die ich lief, immer länger. Außerdem machte ich mein Lauftraining nicht mehr am Abend, sondern am Morgen. Mit wachsendem Training wurden dann die Entfernungen des Laufens erheblich größer und mir wurde bewusst, dass ich jeden Tag bereits ungefähr drei Kilometer lief. Jedes Mal, wenn ich mein Lauftraining durchführte, wartete mein Vater an dem Startpunkt und besonders im Winter war es für ihn sicher unangenehm kalt, wenn er darauf wartete, dass ich zurückkehrte. Er betreute mehrere Jahre lang sorgfältig und genau mein Lauftraining, ohne dass es eine Unterbrechung gab.
In meinem persönlichen Leben ging durch das Lauftraining ein großer Wandel vor sich. Vom ersten bis zum dritten Jahr in der Primary School hatte ich leider meistens bei den sportlichen Wettkämpfen den letzten Platz belegt. Aber zu meiner größten Überraschung wurde ich vom sechsten bis zum letzten Jahr in dieser Schule immer der Erste in dem Wettbewerb.
Gleichzeitig gab es auch noch andere wesentliche Änderungen. Zum Beispiel bemerkte ich, dass mein eher kindliches Verhalten verschwand, obgleich ich doch noch eindeutig im Alter eines Kindes war, und dass ich mich in meinem täglichen Leben immer mehr wie ein Erwachsener verhielt. Ich hatte den Eindruck, dass die üblichen kindlichen Eigenschaften verschwanden, einmal von überschießender Freude und ein anderes Mal von tiefer Trauer erfüllt zu sein. Ich wurde immer ruhiger und wurde nicht von unkontrollierbaren Emotionen überfallen. Mein ganzes Denken wurde immer realistischer, obgleich ich doch noch ein Kind war, und die romantischen Ideen und gefühlsmäßigen Schwankungen, die für Kinder typisch sind, verloren sich immer mehr. Obgleich ich diese Entwicklung durchaus bedauerte, war es eine Tatsache, die ich nicht leugnen konnte und es war mir auch gar nicht möglich, dies zu ändern. Dies machte mich damals allerdings nicht besonders glücklich.
An einem kalten Wintermorgen bemerkte ich, dass meine Hände ausgesprochen heiß waren, aber ich wusste nicht, was mit meinen Händen geschah. Ich hatte ein ganz seltsames Gefühl und steckte meine Hände in das kalte Wasser eines großen Kübels zum Feuerlöschen, der am Rande des Schulhofes stand. Wenn ich heute darüber nachdenke, erscheint es mir ganz natürlich, dass meine Hände so heiß und stark durchblutet waren, nachdem ich mein intensives Lauftraining vor dem Frühstück absolviert hatte. Ich erinnere mich auch noch an ähnliche besondere Begebenheiten in meiner Kindheit, die wohl mit dem Lauftraining zu tun hatten.

b) Ausstieg aus dem geordneten Leben
Nachdem ich etwas dreizehn Jahre alt war, beendete ich gegen den Willen meines Vaters das Lauftraining. Ich war damals ein scheuer Junge. Noch heute erscheint es mir eigenartig, wie stark sich mein geordnetes persönliches Leben veränderte, als ich mit dem Laufen aufgehört hatte. Obgleich ich das damals nicht so klar erkannte, war es ganz eindeutig, dass sich mein persönliches Leben schrittweise wandelte und ich mich von dem geordneten Ablauf von vorher immer mehr entfernte. Mein Leben verlief nun eher im Zickzack, obgleich mir dies damals nicht so bewusst war. Weil ich so unruhig war, hielt es mich nicht mehr zu Hause, und so verbrachte ich immer mehr Zeit außerhalb, indem ich ins Kino ging, nach gebrauchten preiswerte Büchern Ausschau hielt usw. Es wurde also immer schwieriger für mich, ein geordnetes Leben zu führen und obgleich ich mich dabei überhaupt nicht wohl fühlte, sah ich keine Möglichkeit, mich selbst zu steuern und positiv zu verändern.
Zweifellos versuchte ich einer solchen schwierigen Lage zu entkommen, aber offen gesagt, gelang es mir überhaupt nicht, aus diesem unerfreulichen Leben herauszukommen. Mein Leben wurde immer schmerzhafter und komplizierter.
In meinem damaligen wirklich unerfreulichen täglichen Leben bereitete es mir wenigstens eine gewisse Freude, so viel wie möglich erstklassige japanische Literatur zu lesen und große Mengen übersetzter Literatur aus dem Englischen, Französischen, Deutschen, Russischen und anderen Sprachen zu studieren. In jener Zeit war die japanische Regierung stark bestrebt, finanziell den Standard einer Goldwährung aufrecht zu erhalten, so dass die Dinge des täglichen Lebens immer billiger wurden. Der Wert des Geldes war sehr hoch und gab mir die Möglichkeit, gebrauchte gute Bücher zu ausgesprochen niedrigen Preisen zu kaufen.
Auf diese Weise konnte ich für wenig Geld viele wichtige und wertvolle Bücher erwerben und studieren. So las ich fast nach dem Prinzip des Zufalls die verschiedensten Werke und dies erwies sich dann später zusammen mit meiner Praxis des Zazen als besonders nützlich, um nach der Wahrheit zu suchen.
Ich konnte auch ausländische Filme aus Frankreich, Deutschland usw. sehen und dies war für mich eine ausgezeichnete Möglichkeit, den Humanismus Europas und Amerikas zusätzlich zu den Büchern vertieft zu studieren.
Dadurch, dass ich mich dann für die Aufnahmeprüfung der High School vorbereitete, wurde ich vor einer weiteren chaotischen Jugendzeit bewahrt. Das Durcheinander dieser Zeit verminderte sich danach schrittweise. Eines Tages lief ich auf der Straße und bemerkte, dass ich wieder in einem geordneten Leben angekommen war. Es wurde mir klar, dass das Laufen außerordentlich wichtig und nützlich für ein solches geordnetes Leben war. Ich erinnere mich, dass es damals in Japan etwa vierzig staatliche High Schools gab und aus diesen wählte ich diejenige von Shizuoka aus. Später hörte ich, dass ich das beste Ergebnis bei der Aufnahmeprüfung im Fach Literatur erzielt hatte.

c) Das sportliche Leben in der High School
Unmittelbar nach dem Aufnahmeexamen bekam ich viele Einladungen von verschiedenen Sportvereinigungen, aber ich wollte die Bahnen zum Laufen und die Sportplätze selbst bestimmen. In der Middle School hatte ich den schwarzen Gürtel im Judo erhalten und daher empfahl mir ein Mitglied der Judo-Liga mit großem Nachdruck, dort einzutreten. Ich wollte aber in eine Liga für die Leichtathletik des Laufens eintreten, weil ich dafür ja ziemlich lange Erfahrungen hatte.
Ich erinnere sehr deutlich, dass meine Physis für das athletische Training zunächst schlecht ausgebildet war, aber ich dachte einfach, dass sich dieses Problem auf natürliche Weise lösen würde, wenn ich hart trainieren würde. Mit anderen Worten dachte ich, dass ein sehr intensives Training die einzig richtige Lösung für mich war und es kam mir nichts anderes in den Sinn, als überaus hart zu trainieren.
Die extreme Herausforderung, die ich damals auf mich nahm, war wirklich nicht sehr sinnvoll und es war in der Tat ein törichter Versuch. Tatsächlich befürchte ich heute, dass ich einen sehr unklugen Versuch unternahm, um an meine menschlichen Grenzen zu gelangen. Aber trotz dieser Dummheit im athletischen Training hatte die große sportliche Anstrengung etwas Reines und Wahrhaftiges. Es war eine Tatsache, die sich im Handeln selbst in jedem Augenblick offenbarte.
Nachdem ich den törichten Versuch des extremen Sports beendet hatte, fing ich an, immer mehr darüber nachzudenken, dass es in den menschlichen Kulturen so ausgezeichnete und kraftvolle Philosophien und Religionen gab, die in einer langen Geschichte entstanden und gewachsen waren. Ich war fest davon überzeugt, dass es bei genauem Studium dieser Philosophien und Religionen etwas geben müsste, das man ohne Bedenken als die Wahrheit bezeichnen könnte. Ich glaubte also fest daran, dass ich eine sehr klare Philosophie oder Religion, die man zweifellos als Wahrheit bezeichnen konnte, finden würde, wenn ich meine Anstrengungen bei der Suche und dem Studium ernsthaft und konsequent durchführen würde. Damals entschied ich mich ganz klar, nach einer solchen höchsten Wahrheit in der menschlichen Kultur zu suchen.

4. Meine beiden hochverehrten Meister

Ich hatte zwei buddhistische Meister, die ich sehr verehre und die mich auf sehr direkte Weise umfassend lehrten. Der eine ist Meister Kodo Sawaki und der andere ist Meister Renpo Niwa.

a) Meister Kodo Sawaki
Im Oktober 1940 hatte ich das Glück zu erfahren, dass Meister Kodo Sawaki eine Sesshin im Tempel Daitu-ji in der Tochigi-Präfektur durchführen würde. Ich nahm daher an dieser Sesshin teil und brachte Reis in einem Stoffbeutel mit, weil die Ernährung damals in Japan während des Krieges wegen der knappen Nahrungsmittel schon sehr schwierig geworden war.
Am Morgen standen wir um drei Uhr auf und praktizierten zweimal fünfundvierzig Minuten lang Zazen vor dem Frühstück, dann zweimal am Morgen nach dem Frühstück und zweimal am Abend und schließlich einmal nachts. Meister Kodo Sawaki hielt seine buddhistischen Dharma-Reden zweimal am Tag, eine am Morgen und eine am Nachmittag. Als ich seiner Rede lauschte, war ich tief ergriffen, weil ich zum ersten Mal die wahre großartige buddhistische Lehre hörte. Seine Stimme war laut und kräftig und was er sagte, war für mich außerordentlich einleuchtend und überzeugend.
Die Grundlage seines Vortrages war der Text von "Allgemeine Richtlinien zum Zazen" (Fukan-Zazen-Gi). Meister Dogen hatte diesen Text als erstes geschrieben, nachdem er aus China zurückgekehrt war und es war überhaupt das erste Werk, das er in seinem Leben zum Buddhismus verfasste. Meister Kodo Sawaki hatte die buddhistische Lehre mit der Bezeichnung Hosso Gaku studiert, die in der Tan-Dynastie in China entwickelt worden war. Er hatte bereits in frühem Alter sehr intensiv den Buddhismus studiert, so dass seine buddhistische Lehre außerordentlich genau und auch theoretisch sehr fundiert war. Daher war seine Dharma-Rede insgesamt tief schürfend und sehr exakt. Als er jung war, hatte er die Theorie der Hosso-Linie unter Join Saeki im Horyuji-Tempel studiert. Obgleich die Grundlage des Buddhismus bei Meister Kodo Sawaki eindeutig die Zazenpraxis war, lehrte er auch eine genaue und sehr logische philosophische Struktur des Buddhismus. Ich denke, dass das wichtigste und hervorragendste Wesensmerkmal bei Meister Kodo Sawakis Buddhismus vor allem in seinem vollkommen reinen Verhalten lag, der Wahrheit zu folgen. Im Shobogenzo gibt es das Kapitel 5: "Regeln für die Halle der schweren Wolke" (Ju-un-do Shiki). Meister Dogen beschreibt darin, dass jemand, der den Willen zur Wahrheit und das Ideal hat, Ruhm und Profit wegzuwerfen, wirklichen Zugang zum Buddhismus hat. Jemand, der keine Aufrichtigkeit bei der Wahrheit hat, hat jedoch keinen solchen Zugang. Wenn z.B. jemand, der keine Aufrichtigkeit besitzt (den Schlafraum im Kloster) betreten hat, muss dieses Problem angegangen werden und nach gründlicher Überlegung müssen wir einen solchen Menschen, wenn es notwendig ist, (aus dem Schlafraum) entfernen. Wir sollten erkennen, dass wir plötzlich vollkommen unabhängig von Ruhm und Profit werden, wenn sich der Wille zur Wahrheit voll entwickelt hat.
Wir können mit Sicherheit annehmen, dass Meister Kodo Sawaki diese grundlegende buddhistische Regel in seinem praktischen buddhistischen Leben genau kannte und verwirklicht hatte. Daher besaß er während seines ganzen Lebens keinen eigenen Tempel, weil er genau wusste, dass er mit der Aufgabe der Leitung eines eigenen Tempels vollauf beschäftigt wäre, wenn er ihn als buddhistischer Mönch führen würde, so dass es vollständig ausgeschlossen wäre, die wahre buddhistische Lehre gründlich zu studieren. Daher heiratete Meister Kodo Sawaki auch nicht und unterstützte sein ganzes Leben lang mit ganzer Kraft den Buddhismus in allen Angelegenheiten.
Nach dem zweiten Weltkrieg schrieb ein Amerikaner mit Namen Victoria ein Buch, in dem er harsche Kritik an Meister Kodo Sawaki äußerte, weil dieser die Kriegspolitik der japanischen Regierung unterstützt haben soll. Wenn man jedoch das menschliche Verhalten von Kodo Sawaki während des Krieges so wie ich selbst genau kannte, weiß man, dass er niemals in der behaupteten Art und Weise mit der Regierung aktiv kooperierte. Ich bin daher zu dem klaren Schluss gekommen, dass der Autor die Tatsachen im Falle von Meister Kodo Sawaki verzerrt und unrichtig wiedergegeben hat.

d) Der Abt Renpo Niwa
Der andere Meister, von dem ich so viel gelernt habe, war Meister Renpo Niwa. Weil er später der Abt des Eiheiji-Tempels wurde, möchte ich ihn gern als Abt bezeichnen und folge damit unserer Überlieferung, wie die früheren Meister benannt werden.
Seitdem ich sechzehn Jahre alt war, ist mein Interesse an der buddhistischen Lehre von Meister Dogen immer mehr gewachsen und vor allem interessierte mich das Werk "Die Schatzkammer des wahren Dharma-Auges“ (Shobogenzo), das ich dann sehr viele Jahre genau studiert habe.
Nach der intensiven und langen Beschäftigung mit dem Shobogenzo begann ich mit der Übersetzung aus dem alten Japanischen in die moderne japanische Sprache. Dies umfasste den alten japanischen Text, Kommentare zum Vokabular sowie die Übersetzung in das moderne Japanisch selbst. Nachdem ich diese Übertragung fertig gestellt hatte, publizierte ich: "Shobogenzo in modernem Japanisch" (Gendaigoyaku-Shobogenzo). Damals wollte ich auch gern an verschiedenen Orten mit Lehrreden und Vorträgen zum Shobogenzo beginnen. Daher fragte ich zunächst Dr. Akira Hirakawa, welcher der Leiter der Vereinigung junger Buddhisten an der Imperial University von Tokyo war. Er gab seine Zustimmung zu meinen Lehrreden, die ich an jedem Samstag Nachmittag hielt. Damals entschied ich mich auch, buddhistischer Mönch in der Soto-Linie zu werden.
Daher war es für mich notwendig, einen buddhistischen Meister zu finden, der mir die Zustimmung geben könnte, buddhistischer Mönch zu werden. Glücklicherweise fand ich den Namen des Abtes Renpo Niwa in der Liste graduierter Studenten der staatlichen High School von Shizuoka.
Ich besuchte Meister Renpo Niwa in der Niederlassung von Eiheiji in Tokyo und fragte, ob ich bei ihm buddhistischer Mönch werden könnte und war wirklich glücklich, dass er mich annahm. Als er meiner Bitte und meiner Begründung, buddhistischer Mönch zu werden, zuhörte, bemerkte ich, dass seine Augen feucht wurden und er sich einige Tränen aus den Augen wischte. Daraus schloss ich, dass es ihm wirklich Freude bereitete, mich als Mönch anzunehmen, auch weil er seinen eigenen Abschluss an derselben High School absolviert hatte wie ich und ich vierzehn Jahre jünger war als er. Zu jener Zeit war ich bereits Abteilungsleiter einer japanischen Gesellschaft für Finanzversicherung geworden. Mein Meister war mit Freundlichkeit und Sorgfalt darauf bedacht, dass nicht irgendwelche Schwierigkeiten in meinem weltlichen Beruf für mich entstehen könnten.
Nach der Zeremonie, in der ich formal ein buddhistischer Mönch wurde, begann ich Zazen und Shobogenzo zu lehren u.a. auch bei der Eiheiji-Außenstelle in Tokyo. Weil die Vorträge am Mittwoch Nachmittag stattfanden, beendete ich meine Arbeit dann etwas früher als üblich und ging zum Tempel in meiner normalen westlichen Kleidung als Privatmann. Nachdem ich das Jackett ausgezogen hatte, trug ich die Kashaya über meinem weißen Hemd und hielt so die buddhistischen Dharma-Reden im Tempel. Einige buddhistische Mönche im Tempel waren damit jedoch überhaupt nicht einverstanden, weil sie es für völlig unangemessen hielten, dass ein buddhistischer Mönch eine Dharma-Rede hielt und die Kashaya über der westlichen Kleidung trug. Sie baten daher den Meister eindringlich, dass er die aus ihrer Sicht formal inkorrekte Kleidung im Tempel verbieten sollte. Meister Renpo Niwa sagte dazu aber: "Es ist nicht schlecht, weil er wie ein indischer Mönch aussieht". Daher konnte ich meine buddhistischen Dharma-Reden im Tempel fortsetzen, ohne den Stil meiner Kleidung ändern zu müssen.
Ich leitete von da ab am Ende des Sommers eine Sesshin im Tempel und dabei trug ich dann selbstverständlich die stilgerechte schwarze Kleidung eines buddhistischen Mönchs. Ich trug diese Kleidung auch immer in der buddhistischen Vereinigung der Tokyo-Universität und bei ähnlichen formalen Anlässen.
Dann fing ich an, eine Sesshin in Meister Renpo Niwas damaligem Tempel zu leiten, der die Bezeichnung Tokei-in hat. Dort führte ich sechsmal im Jahr eine Sesshin durch: einmal für Japaner, einmal für Ausländer in englischer Sprache und viermal für die Angestellten der Ida-Company.
Meister Renpo Niwa wurde in Shuzenji in der Shizuoka-Präfektur als dritter Sohn von Katoda Shioya im Februar 1905 geboren. Sein Vater war der Schulleiter mehrerer Schulen und hatte insgesamt zehn Söhne und Töchter. Seine Mutter Mura arbeitete hart in der Landwirtschaft, um ihre Familie nach besten Kräften zu unterstützen. Meister Niwa sagte mir, dass er ein kräftiger Junge war und Freude am Umgang mit Mädchen hatte. Als er aber den freundlichen und edlen Stil der buddhistischen Mönche beobachtete, die im Shuzenji-Tempel ein- und ausgingen, fasste er den Entschluss, selbst Mönch zu werden. Als er elf Jahre alt war, fragte er seine Familie, ob er Mönch werden dürfe und erhielt dazu die Erlaubnis. Es traf sich gut, dass
sein Onkel Meister Butsu-an Niwa der Meister von Tokei-in in der Stadt Shizuoka war. Meister Renpo Niwa ging von Tokei-in aus in die Primary-School. Weil er dann die Middle-School von Nirayama in der Nähe von Shuzensi wählte, pendelte er von Tokei-in dort hin. Dann kam er zur High-School in Shizuoka, so dass er wieder ganz zum Tempel Tokei-in zurückkehren konnte.
Als Meister Renpo Niwa zum Studium an die Universität ging, bat ihn Meister Butsu-an, das Rechtsstudium aufzunehmen. Meister Renpo Niwa hoffte jedoch sehr, Buddhismus an der Universität zu studieren und da er diesen Wunsch immer wieder vortrug, erlaubte ihm Meister Butsu-an schließlich, Buddhismus zu studieren. Ich vermute, dass es damals auch in der Soto-Linie des Buddhismus viele Rechtsprobleme gab und dass Meister Butsu-an daher auf diesem Gebiet einen guten Assistenten für sich selbst haben wollte. Wie ich hörte, gestattete Meister Butsu-an jedoch ohne große Umstände, dass Meister Renpo in die Fakultät der indischen Philosophie eintrat.
Er begann also sein Studium an der Tokyo Imperial University und während der ersten Sommerferien besuchte er für einen Monat offiziell das Hauptkloster Eihei-ji als buddhistischer Mönch. Nachdem er seinen Abschluss in der Tokyo-Universität bestanden hatte, wurde er formal der Leiter in Tokei-in, besuchte dann den Tempel Antaiji in Kyoto und wechselte an die Otani-Universität. Schließlich trat er dann in das Hauptkloster Eihei-ji ein. Anschließend wurde er Meister von Ichjoji und Ryu-un-in in Shizuoka und im November 1955 wurde er Nachfolger des Meisters vom Kloster Tokei-in. Dann wurde er im Jahr 1960 Meister der Außenstelle von Eihei-ji in Tokyo und schließlich von April 1985 bis September 1993 der 77. Abt von Eihei-ji.
Ich lernte als Mensch vom Abt Renpo Niwa außerordentlich viel für mein tägliches Leben. Er war ein sehr feiner und großzügiger Mensch und wurde niemals laut und emotional. Ich habe über ihn folgende Geschichte gehört: Eines Nachts verließen mehrere junge Mönche die Außenstelle von Eihei-ji in Tokyo, um alkoholische Getränke zu genießen. Sie blieben die ganze Nacht fort und kamen am Morgen nicht rechtzeitig zurück. Damals stand Meister Renpo Niwa sehr früh am Morgen auf und als die Mönche dann schließlich zurück kamen, stand er bereits am Eingang des Tempels. Als er sie kommen sah, sagte er: "Ich vermute, dass ihr sehr müde seid, weil ihr die ganze Nacht ohne Schlaf hart gearbeitet habt". Ohne ein weiteres Wort kehrte er dann ruhig in seinen Privatraum zurück. Wie ich hörte, beschämte dies die Mönche so sehr, dass sie von da an nie mehr spät am Abend das Kloster verließen, um Alkohol zu trinken.
Wenn ich ihn hin und wieder in seinem privaten Raum besuchte, lud er mich zu einer Tasse Grünen Tee ein, den er für sich selbst bereitet hatte. Damals konnte ich sehr viel Wissenswertes und positives Verhalten einfach dadurch lernen, dass ich ihn beobachtete, obgleich er oft nicht viel sagte. Nur durch sein Handeln zeigte er mir, was ich lernen konnte.
Als der 76. Abt Egyoku Hata in seinem Tempel sehr ernsthaft krank wurde, war ich gerade im Raum von Meister Renpo Niwa zu einem der gelegentlichen persönlichen Gespräche. Damals rief er gerade im dortigen Tempel an und fragte, ob er den Abt besuchen solle, um ihm wegen seiner Krankheit zu helfen. Die Antwort aus dem Tempel war jedoch, dass sich der Gesundheitszustand des Abtes bereits wesentlich verbessert habe und es daher nicht notwendig sei, sich Sorgen zu machen. Demgegenüber erklärte mir Meister Renpo Niwa, dass er ganz andere sehr genaue Informationen über den Abt Hata bekommen habe, dass sein Gesundheitszustand nämlich außerordentlich ernst sei. Dies hatte er direkt von jemandem erfahren, der im Raum des Abtes anwesend war. Meister Renpo Niwa war daher sehr beunruhigt. Als ich dies alles gehört hatte, wurde mir klar, dass niemand in seinem ganzen Leben in irgendeinem Augenblick wirklich lügen kann und die Wahrheit das Wichtigste überhaupt ist. Außerdem wurde mir ganz deutlich, dass jemand, der in der menschlichen Gesellschaft eine wichtige Aufgabe übernommen und Macht erhalten hat, sehr sorgfältig mit seinen Informationen und der Wahrheit umgehen muss.

5. Wichtige Veränderungen der Dogen-Sangha

a) Fortschritt der Informationstechnologie
Es ist nunmehr über ein Jahr vergangen, seit ich am 29. November 2005 den Dogen-Sangha-Blog eröffnet habe. Ich denke, dass sich seitdem sehr viel verändert hat, obgleich wir dies vielleicht gar nicht so klar bemerkt haben. Vorher kamen immer zehn oder mehr Mitglieder der Dogen-Sangha persönlich zusammen, praktizierten an geeigneten Orten Zazen und hörten die buddhistischen Dharma-Reden. Durch die Benutzung der hoch entwickelten weltweiten Informationstechnologien haben sich nun der Inhalt und die Breite der Aktivitäten der Dogen-Sangha ganz erheblich vergrößert.
Nunmehr können Menschen in der ganzen Welt per Internet diesen Blog benutzen, selbst wenn sie weit entfernt wohnen. Sie können genaue und klare Informationen von der Dogen-Sangha erhalten, indem sie die Texte an ihren Computern lesen. Da die Informationen in Schriftform übermittelt werden, können die Leser die buddhistische Lehre und Philosophie systematischer und in klarerer Form als früher erhalten. Außerdem können die verschiedensten Fragen der Leser per Internet übermitteln werden und die Antworten erscheinen direkt zu Hause an ihrem eigenen Computer. Dabei ist es völlig unerheblich, wo sie in der Welt leben, denn die Fragen und Antworten werden direkt durch das Internet in kurzer Zeit weltweit übermittelt. Wenn jemand zum Beispiel heute an einem weit entfernten abseits gelegenen Ort in Brasilien alleine wohnt, kann er trotzdem jeden Tag die Informationen der Dogen-Sangha erhalten.

b) Gedruckte Informationen
Außerdem ist es von großem Wert, dass die Informationen des Blog ausgedruckt werden können. Wenn die Lehren und Texte nur mündlich übermittelt werden, sind die Inhalte, Aussagen und Interpretationen meist nicht so genau und klar formuliert und werden daher auch nicht so genau verstanden. Wenn wir aber die buddhistischen Informationen auf der Grundlage des Blog übermitteln, kann die Bedeutung und Formulierung besonders klar herausgearbeitet werden. Dies gilt natürlich vor allem für die Theorie der buddhistischen Lehre, die auf diese Weise klarer und deutlicher gemacht werden kann. So ist die Übermittlung von buddhistischen Lehren wesentlich einfacher als früher. Selbstverständlich ist es sinnvoll, die grundlegenden und detaillierten Informationen der buddhistischen Lehre an die Leser und Interessierten in einer Richtung zu übermitteln, aber gleichzeitig hat sich durch die Verwendung der Informationstechnologien auch die wechselseitige Kommunikation in buddhistischen Gruppen durch E-Mail und Kommentare zum Blog ganz wesentlich verbessert.

c) Keine Begrenzung bei der Informationsmenge
Nunmehr ist es auch nicht erforderlich, den Umfang der Informationen mengenmäßig zu begrenzen, wenn hierfür keine inhaltliche Notwendigkeit besteht. Wir können uns also darüber freuen, dass wir die Freiheit haben, unsere Gedanken ohne mengenmäßige Einschränkungen zu formulieren, denn dies war früher nicht so einfach möglich. Bestimmte Grenzen ergeben sich lediglich in der jeweiligen Sprache und Kultur dadurch, dass wir in unserem bestimmten kulturellen Zusammenhang kommunizieren und uns dessen nicht immer bewusst sind. Dadurch entstehen auch menschliche und moralische Pflichten. Ich denke, dass wir als Menschen auf diese Weise hervorragende leistungsfähige Methoden für wichtige Informationsübermittlungen haben, die auf der modernen Informationstechnologie beruhen und ich hoffe sehr, dass alle Menschen im jetzigen Zeitalter diese leistungsfähige Kommunikationskultur sorgsam benutzen. In der Tat stehen wir durch diese fortschrittlichen Technologien am Anfang eines neuen leistungsfähigen Kulturzeitalters. Ich bin der festen Überzeugung, dass es für die Menschen von großer Bedeutung ist, diese Möglichkeiten für eine großartige neue Kultur zu benutzen. Wir schauen in der Tat auf dieses neue verheißungsvolle Zeitalter und es ist sehr wichtig, dass die Menschen die neuen Chancen sinnvoll und effektiv nutzen.

d) Persönliche Anmerkungen zur Dogen-Sangha
Das Erscheinungsbild der Dogen-Sangha soll nun aus meiner persönlichen Sicht kurz beschrieben werden.
Mitte Juni 2005 brach ich mir den zweiten Lendenwirbel und musste daher das Zentrum der Dogen-Sangha in Ichikawa schließen. Ich zog in ein Appartement , das in Takashimadaira im Nordwesten von Tokyo liegt. Meine Frau ist vor über zwei Jahren gestorben, so dass ich in meinem Appartement alleine lebe. Ich setze hier mein buddhistisches Leben fort und praktiziere zweimal an jedem Tag Zazen. Obgleich ich hier allein lebe, führe ich also wie bisher das Leben der Dogen-Sangha fort. Verheiratete Paare, die jeden Tag zusammen Zazen praktizieren, können auf der ganzen Welt an der Wirklichkeit der Dogen-Sangha teilnehmen. Wenn auch die Kinder angefangen haben, zusammen mit ihren Eltern Zazen zu praktizieren, gehört so die ganze Familie zur Dogen-Sangha.
Wegen der hoch entwickelten Informationstechnologien haben sich die Grundlagen für die Dogen-Sangha also erheblich geändert und damit ergeben sich auch große Veränderungen für die Dogen-Sangha selbst. Man kann dies ohne Übertreibung als einen historischen Wandel bezeichnen. Wir können heute überhaupt noch nicht absehen, wohin uns diese Entwicklung führen wird.

6. Das persönliche Leben von Nishijima

Nachdem ich den zweiten Lendenwirbel gebrochen hatte, schloss ich wie gesagt das Zentrum der Dogen-Sangha in Ichikawa und zog nach Takashimadaira im Nordwesten von Tokyo. Ich beendete alle meine bisherigen externen Aufgaben und fing an, ein vollständig privates Leben zu führen. Aber ich lebe immer noch in der Dogen-Sangha und möchte meinen Tagesablauf kurz beschreiben.

a) Morgendliches Aufstehen: Gegenwärtig entscheide ich nicht am Tag zuvor, wann ich am Morgen aufstehen will. Da ich früher als sonst Schlafen gehe, stehe ich zum Beispiel manchmal um vier oder fünf am Morgen auf, aber manchmal schlafe ich bis sieben Uhr, weil ich später zu Bett gegangen bin.

b) Massage: Da ich älter geworden bin, wird meine Haut leichter trocken und hart als früher, so dass ich einige Bereiche meines Körpers mit Olivenöl massiere, wenn dies notwendig ist. Währenddessen höre ich ein Band oder eine CD, um eine fremde Sprache zu erlernen.

c) Gesicht waschen: Bevor ich mir das Gesicht wasche, rasiere ich mich jeden Morgen mit einem elektrischen Rasierer. Meister Dogen beschreibt sehr genau im Shobogenzo, was man beachten sollte, wenn man das Gesicht wäscht. Ich versuche dem genau zu folgen, wobei wir heute angenehme Hilfsmittel wie Zahnbürste usw. haben. Ich glaube daher, dass Meister Dogen, wenn er in der heutigen Zeit leben würde, glücklich darüber wäre, auch diese angenehmen Dinge zu verwenden.

d) Erlernen einer fremden Sprache: Nachdem ich nach Takashimadaira umgezogen bin, habe ich wesentlich weniger direkte Kommunikation mit anderen Menschen als früher und daher ist es mir wichtig, trotzdem in meinem Alltag der menschlichen Stimme zuzuhören. Daher hat sich auf natürliche Weise das Erlernen einer fremden Sprache eingestellt; ich bearbeite gegenwärtig den Anfängerkurs in Französisch "Lehre dich selbst", indem ich morgens jeweils zwei Seiten pro Tag durchgehe. In Anbetracht meines Alters wird es mir kaum gelingen, eine neue Fremdsprache fließend zu sprechen, aber das Lernen selbst gefällt mir. Jetzt strenge ich mich wie gesagt mit Französisch an.

e) Gymnastik: Als ich früher Sport getrieben habe, machte ich regelmäßig eine bestimmte Gymnastik und dies habe ich bis auf den heutigen Tag beibehalten. Es ist eine übliche westliche rhythmische Gymnastik, die sich u. A. zur Heilung meines gebrochenen Lendenwirbels bewährt hat.

f) Zazen: Bevor ich mit der Zazenpraxis beginne, lege ich die zusammengefaltete Kashaya auf meinen Kopf und rezitiere den Vers zu Ehren der Kashaya. Im Shobogenzo wird gelehrt, dass man mit ganzem Herzen lautlos rezitieren soll, aber nachdem ich meine Dharma-Reden und Seminare beendet habe, rede ich viel weniger als früher und daher rezitiere ich laut.
Auf Japanisch lautet das Gedicht wie folgt:
Daisai Gedatsu-fuku Muso-fukuden-e Hibu Nyorai-kyo Kodo Shushujo.
In Deutsch bedeutet dies etwa: „Wie großartig ist die Kleidung der Befreiung! Der Bereich des Glücks ohne eine begrenzte Form. Jetzt möchte ich sie als Gautama Buddhas Lehre tragen und ich will alle Lebewesen überall retten.“
Gautama Buddhas Lehre besteht nicht nur aus Gedanken oder einem besonderen, eventuell vielleicht sogar künstlichen Gesichtsausdruck, sondern ist das wirkliche Handeln in unserem täglichen Leben. Wenn wir die Lehren tatsächlich im Handeln umsetzen, können wir sie verwirklichen, aber wenn wir sie nicht tatsächlich praktizieren, gibt es für uns überhaupt keinen Buddhismus.
Die wichtige Praxis des Zazen habe ich bereits in diesem Blog beschrieben, so dass ich dies hier nicht wiederholen möchte. Bei mir hat die Zazenpraxis vermutlich wesentlich dazu beigetragen, dass mein gebrochener Lendenwirbel wieder gut geheilt ist.

g) Test des Blutzuckers: Um bei mir eine erhöhte Konzentration des Blutzuckers zu vermeiden, messe ich diesen jeden Morgen vor dem Frühstück und richte meine Nahrung entsprechend ein.

h) Frühstück: Ich kaufe gekeimten braunen Reis und koche ihn mit einem elektrischen Reiskocher. Die Beilagen zum Reis kaufe ich in einem nahe gelegenen Supermarkt und schneide mir frisches Gemüse dazu. Bevor ich mit der Mahlzeit beginne, rezitiere ich die fünf Reflexionen zum Essen laut:

Hitotsuniwa ko no tasho wo hakari, kano raisho o hakaru
Mitsuniha shin o fusegi toga o hanaruru koto ha, ton to o shu tosu
Yotsuniha masani ryoyaku o koto to suru wa, gyoko o ryo zen ga tame nari
Itsutsuniha jodo no tame no yue ni, ima kono jiki o uku


Wenn ich an den Umfang meiner eigenen Anstrengungen denke, wird mir klar, dass ganz große Leistungen erbracht wurden, um dieses Mahl vor mir herzustellen und vorzubereiten.
Ich denke an die Tatsache, dass mein moralisches Verhalten vollständig unzureichend ist, während ich das Mahl esse.
Indem wir geistige Verzagtheit vermeiden und keine Fehler begehen, schaffen wir die Voraussetzungen, uns selbst vor Gier, Hass und Verblendung zu bewahren.
Der Grund, warum ich die Nahrung als gute Medizin esse, liegt darin, dass ich mich vor körperlicher Schwachheit bewahren möchte.
Weil ich die buddhistische Wahrheit genau vollende, empfange ich jetzt dieses Mahl.

i) Input für den Blog: Nachdem ich die Zeitung gelesen habe, schreibe ich meine Texte zunächst in den japanischen und dann in den englischen Blog.Die Internetadresse der Blogs lautet wie folgt: http://Gudoblog-e.blogspot.com und japanisch: http://gudoblog-j.blogspot.com sowie deutsch http://Gudoblog-d.blogspot.com.

j) E-Mails: Ich empfange und verschicke E-Mails.

k) Spaziergang: Um körperlich fit zu bleiben, mache ich jeden Tag einen Spaziergang von etwa 3 km.

l) Abendessen: Um gesund zu bleiben, esse ich zwei Mahlzeiten am Tag, wobei das Abendessen etwa dasselbe ist, wie das Frühstück.

m) Studium von Büchern: Nachdem ich die Zeitung gelesen haben lese ich die für mich wichtigen Bücher, so weit die Zeit dafür vorhanden ist.

n) Bad nehmen: Jede Woche montags und donnerstags habe ich eine Hilfe, um die Räume zu säubern, die Kleidung, und das Geschirr zu waschen und ein Bad vorzubereiten. Daher nehme ich dann ein japanisches Wannenbad.

o) Schlafen: Je nach den Arbeiten am Tag gehe ich zwischen 9.00 und 11.30 abends schlafen.

7. Es gibt nur eine Wahrheit, die Verlässlichkeit der buddhistischen Lehre

Wenn ich mir den Grund überlege, warum ich mit dem Dogen-Sangha-Blog angefangen habe, hängt das wesentlich damit zusammen, dass es nur einen einzigen Buddhismus gibt. Wenn wir uns fragen, ob viele verschiedene Wahrheiten in dieser Welt existieren, wird es uns kaum befriedigen, dass es z. B. drei oder vier ganz verschiedene und ggf. widersprüchliche Wahrheiten geben soll. Schon wenn es nur zwei gäbe, könnten wir doch niemals von "der Wahrheit" sprechen. Wir müssen wirklich davon ausgehen, dass es nur eine einzige Wahrheit gibt. Aber wie sieht sie aus und wie können wir sie finden?
Ich denke, dass wir Menschen es mindestens seit einigen tausend Jahren seltsamerweise fast resigniert aufgegeben haben, diese eine wirkliche Wahrheit zu finden. Wir haben zwar glücklicherweise sowohl die ausgezeichnete Fähigkeit des abstrakten Denkens als auch die sehr gute Sinneswahrnehmung, aber das hat dazu beigetragen, dass unsere Philosophie leider in diese beiden Bereiche gespalten ist, nämlich den Idealismus und Materialismus. Diese beiden Philosophien haben jeweils eine völlig andere Grundlage, so dass die Menschen, die an den Idealismus glauben, dem Materialismus misstrauen und umgekehrt glauben Materialisten niemals an den Idealismus. Selbstverständlich hat der einzelne Mensch meist kaum ein sehr klares Bewusstsein, welcher Philosophierichtung und Weltanschauung er nun angehört. Aber das Grundprinzip der Spaltung in Idealismus und Materialismus besteht mindestens seit einigen tausend Jahren. Es hat die Gesellschaft tief in zwei unversöhnliche Gruppen gespalten, und daher gab es seit langer Zeit heftige Kämpfe zwischen ihnen. Aus diesem Grund können die Menschen nur schwer annehmen, dass es eine einzige Wahrheit gibt und sie haben aufgehört, überhaupt an diese eine Wahrheit zu glauben und nach ihr zu streben.

a) Die Lehren Gautama Buddhas
Es war jedoch ein ganz großartiges Ereignis, dass es in der menschlichen Geschichte ein Genie gab, der die Unmöglichkeit erkannte, die Wahrheit zu erlangen, ohne dass wir diese zwei bisherigen Grundtypen der Philosophie des Idealismus und Materialismus überwinden. Dieses Genie war Gautama Buddha. Zu seiner Zeit war seine Lehre allerdings für die meisten Menschen zu schwierig, so dass nur sehr wenige gab, die sie überhaupt verstanden haben; vielleicht gab es nur einen Menschen in 500 Jahren.
Es ist aber ein sehr glücklicher Umstand, dass seine Lehre in neuester Zeit den hoch entwickelten westlichen Kulturen begegnet ist, so dass der Anfang gemacht wurde, den Buddhismus auf der Grundlage der westlichen logischen Philosophie zu verstehen. Eine solche Interpretation des Buddhismus ermöglicht es m.E. in der ganzen Welt, ein sehr klares und verständliches neues Lehrsystem von großer Tragweite zu entwickeln. Obgleich viele Menschen dies noch nicht so sehen, bin ich der festen Überzeugung, dass seitdem der Philosoph Soeren Kierkegaard in der Mitte des 19. Jahrhunderts seine Lehre des Existenzialismus entwickelt hat, die westlichen Kulturen in ein neues Zeitalter des Realismus eingetreten sind. Wenn nunmehr die westlichen Menschen in das Zeitalter der wahren Wirklichkeit eintreten, ist es methodisch außerordentlich sinnvoll, dass wir die vier in diesem Blog bereits dargelegten Lebensphilosophien verwenden, die von Gautama Buddha und einigen der ganz großen Meister entwickelt wurden.
Diese lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Die Lebensphilosophien: 1) des Leidens (Idealismus), 2) der Ansammlung (Materialismus), 3) der Selbststeuerung (Lehre des Handelns) und 4) die wahre Wirklichkeit selbst (Lehre der Moral).
Die ersten beiden Philosophien, nämlich Idealismus und Materialismus, beherrschen gegenwärtig noch das westliche Denken. Die buddhistische Lehre besteht aber darauf, dass diese beiden intellektuellen Philosophien nicht ausreichend sind, sondern der Buddhismus sagt in aller Deutlichkeit, dass eine wirklichkeitsnahe Lebensphilosophie nur dadurch entsteht, wenn wir die rein theoretischen Lehren verlassen und in die volle Wirklichkeit selbst eintreten. An diesem Punkt sollten wir den grundsätzlichen Unterschied von gedanklicher theoretischer Ebene und der Wirklichkeit selbst erkennen. Um das zu realisieren, benutzen wir im Buddhismus die Praxis des Zazen: Dabei wird der Bereich des Verstandes und Intellektes nicht abgelehnt, sondern überschritten, und der Bereich der wahren Wirklichkeit öffnet sich dann auf natürliche Weise. Durch die Zazenpraxis können wir unser vegetatives Nervensystem ins Gleichgewicht bringen. Dieses besteht aus den beiden gekoppelten Systemen, die sympathisches und parasympathisches System genannt werden. Die beiden Systeme arbeiten gegenläufig, so dass ein ausgeglichener Zustand nur möglich ist, wenn beide Systeme im Gleichgewicht sind. Wenn das sympathische Nervensystem stärker ist, neigen wir dazu, übertrieben idealistisch, also unrealistisch, zu theoretisch und zu spirituell zu sein. Wir verlieren uns dann leicht in idealen Träumen. Wenn das parasympathische System dagegen stärker ist, neigen wir dazu, materialistisch und auf Genuss orientiert zu sein. Im Gleichgewicht beider Systeme befinden wir uns sozusagen bei Null, so dass Plus und Minus ausgeglichen sind, wir können das auch als den Mittleren Weg bezeichnen. Das bedeutet, dass der einseitige Idealismus genau so wie der einseitige Materialismus überwunden wird und verschwindet. Dann machen wir die direkte Erfahrung, dass wir in der einen wahren Glück bringenden Wirklichkeit sitzen. Die zentrale Lehre des Buddhismus wird durch die Gesamtheit der vier Lebensphilosophien beschrieben, die also von ganz wesentlicher Bedeutung sind.
Der Grund, warum ich die Dogen-Sangha aufgebaut habe, liegt genau in diesem Punkt. Nachdem ich die Geschichte der menschlichen Gesellschaften gründlich studiert habe, empfinde ich außerordentlich stark die Notwendigkeit, den zutiefst widersprüchlichen Konflikt von Materialismus und Idealismus zu lösen und den weit tragenden und wie ich glaube außerordentlich wichtigen Grundsatz des Realismus zu leben und zu verbreiten. Der Buddhismus gibt keine Problemlösung, die allein auf einer wie auch immer gearteten abstrakten Theorie beruht, sondern die buddhistische Lösung der großen historischen Probleme der Menschen und der ganzen Menschheit schließt vor allem die praktische Methode des Zazen ein. Auf diese Weise können wir die wirkliche Gesamtsituation der Menschheit direkt erfahren, dass wir nämlich in der wirklichen Welt leben, und wir können durch die große Wahrheit der vier Lebensphilosophien ein glückliches und zufriedenes Leben führen. Ich erwarte daher, dass wir Menschen in das Zeitalter des Realismus eintreten und die Praxis des Zazen dabei die wesentliche Grundlage ist.

b) Reinheit der Lehre
Es war mein einziges und großes Ziel, für das ich die Dogen-Sangha aufgebaut habe, die wahre buddhistische Theorie genau so wie sie ist zu bewahren und an die nächsten Generationen weiter zu geben. Als ich 16 Jahre alt war habe ich begonnen, Buddhismus zu studieren und widmete fast mein ganzes Leben diesem Studium und dieser Praxis. Es ist ein außerordentlich glücklicher Umstand, dass ich dem großen Meister Kodo Sawaki 1940 begegnet bin und angefangen habe, Zazen zu praktizieren. Danach habe ich mich dem Studium der Werke von Meister Dogen, insbesondere der " Schatzkammer des wahren Dharma-Auges" (Shobogenzo), mit ganzer Kraft hingegeben und nachdem ich diese verstanden hatte, hielt ich viele Vorträge und leitete viele Seminare an den verschiedensten Orten in Japan einschließlich des Haupttempels der Soto-Linie Eihei-ji. Außerdem lehrte ich Buddhismus auch immer wieder außerhalb Japans. Ich habe diverse buddhistische Bücher in Japanisch und Englisch verfasst. Unter anderem sind die Übersetzungen mehrerer Bücher, insbesondere von Meister Dogen, auch in deutscher Sprache, herausgekommen.
Ich wurde ein buddhistischer Mönch in der Soto-Übertragungslinie unter Meister Renpo Niwa, der später der Abt des Eihei-ji Tempels wurde. Danach studierte ich den "Gesang des grundlegenden Mittleren Weges" (Mulamadhymaka-Karika, MMK) von Meister Nagarjuna in der authentischen Originalfassung in Sanskrit und war überrascht, als ich herausfand, dass die Lehre von Meister Nagarjuna überhaupt nicht vage und vor allem nicht nihilistisch ist, wie häufig behauptet wird, sondern dass sie ganz genau mit dem Buddhismus von Meister Dogen übereinstimmt. Beide lehnen den einseitigen Idealismus und Materialismus als nicht realitätsbezogen ab und vertreten mit Nachdruck, dass der Buddhismus eine umfassende Lehre der Wirklichkeit ist, welche die wirkliche Existenz dieser Welt immer wieder klar betont. Wir können daher annehmen, dass die Menschheit dabei ist, das Zeitalter zu verlassen, in dem wir zwischen dem wirklichkeitsfremden Idealismus und Materialismus hin- und hergetaumelt sind und dass wir in ein großartiges und strahlendes Zeitalter der Wirklichkeit und des Realismus eintreten.
Ich vermute, dass viele ausgezeichnete und empfindsame Menschen über mich lachen und mich nicht ganz ernst nehmen, wenn sie von meinem optimistischen Glauben lesen, weil sie diese optimistischen Ideen mit dem legendären spanischen Don Quixote vergleichen, der vergeblich gegen die Windmühlen kämpfte. Bevor ich die wahre Bedeutung des Buddhismus erkannt hatte, bestanden bei mir große Zweifel, ob wir Menschen überhaupt die Fähigkeit haben, die höchste Wahrheit zu erreichen. Aber nachdem ich dem Buddhismus begegnet bin, erkannte ich in aller Klarheit die Reinheit und Kraft dieser höchsten Lebensphilosophie auf der Erde, die auf der reinen Wahrheit beruht. Ich glaube nun fest daran, dass es durchaus möglich ist, dass die Menschheit eine neue Welt des Realismus aufbaut.

c) Meine hohe Wertschätzung der westlichen Kultur
Ich habe eine starke und unverbrüchliche Wertschätzung für die westliche Kultur. Es wird gesagt, dass die ältesten Kulturen der Menschheit in Mesopotamien, Äthiopien, Ägypten, Indien usw. entstanden sind und dass diese alten Kulturen dann langsam in den nahen Osten und in die Mitte Europas gewandert sind. Danach hat diese Bewegung die Insel Kreta erreicht und ist nach Griechenland gekommen.
Im alten Griechenland gab es eine hervorragende Kultur und man kann ohne Übertreibung sagen, dass die meisten Kulturen und Zivilisationen der heutigen Welt im alten Griechenland ihren Ursprung haben. Die alte griechische Kultur wanderte dann nach Rom und die römischen Menschen hatten hervorragende Fähigkeiten im militärischen und organisatorischen Bereich sowie im Rechtssystem, so dass sich das römische Reich fast über ganz Europa erstreckte und sich die griechisch-römische Kultur ebenfalls in Europa ausbreitete.
Gegen Ende des römischen Reiches wurde das Christentum zur allgemeinen Religion in Europa und dies war eine geeignete Grundlage der Entwicklung, die sich ökonomisch im Mittelalter behauptete. Allerdings muss auch gesagt werden, dass sie eine sehr geringe Produktivität hatte, weil sie fast ausschließlich auf der Landwirtschaft beruhte. Mit dem Aufblühen des Handels und des Schiffsverkehrs zwischen West und Ost wurde die europäische Wirtschaft dann gewaltig angekurbelt, so dass sich die ökonomischen Aktivitäten schnell weiter entwickeln konnten. Vorangetrieben durch solche starken wirtschaftlichen Kräfte begann das Zeitalter der Renaissance. Danach bildete sich der Protestantismus heraus und die modernen Naturwissenschaften entwickelten sich mit erheblicher Dynamik, so dass die europäische Kultur und Zivilisation schnell in das Zeitalter des Kapitalismus eintrat. Die Führerschaft in Europa wanderte von Spanien nach Frankreich, von Frankreich nach England und von England nach USA.
Nach dem ersten und zweiten Weltkrieg standen wir wegen der tief greifenden Konflikte zwischen USA und UDSSR kurz vor dem Beginn eines dritten Weltkriegs. Aber glücklicherweise waren die Menschen nicht so töricht, einen solchen Krieg zu beginnen. Als ich die außerordentlich ernste Konfrontation zwischen UDSSR und USA beobachtete, fürchtete ich, dass die Menschheit kaum in der Lage sei, den dritten Weltkrieg zu vermeiden. Noch heute empfinde ich eine große Dankbarkeit und habe tiefe Gefühle des Glücks, dass die UDSSR und USA die Entwicklung zu einem dritten furchtbaren Weltkrieg stoppen konnten. Ich war überaus glücklich, dass die Menschen nicht so dumm waren, weite Gebiete der Erde zu verwüsten und unbewohnbar zu machen, indem sie ohne Sinn und Verstand die vorhandenen Kernwaffen einsetzten.
Ich habe insgesamt eine große Wertschätzung für die europäisch-amerikanische Kultur, und ich denke, dass eine so großartige und hervorragende Kultur mehr und mehr die zentrale Entwicklung der Erde bestimmen wird. Ich glaube auf keinen Fall, dass die europäisch-amerikanische Kultur durch den Buddhismus verdrängt wird, aber ich bin der festen Überzeugung, dass der Westen den Buddhismus wirklich nutzen wird, um die andauernden Widersprüche und tiefen Gräben zwischen Idealismus und Materialismus zu überwinden. Dann wird diese ausgezeichnete europäisch-amerikanische Kulturströmung in ein neues Zeitalter des strahlenden Realismus und der wahren Wirklichkeit eintreten.

d) Der Wert der vier Lebensphilosophien
Der Buddhismus hat eine besondere logische Methode entwickelt, der die unversöhnliche Weltanschauung des Idealismus und Materialismus mit der großartigen Einheit des Realismus verbinden kann. Durch diesen Wandel kann die europäisch-amerikanische Kulturströmung natürlich und logisch in den Realismus einmünden. Die buddhistische Logik besteht aus den vier Lebensphilosophien, die eine ausgesprochen klare und verlässliche Gesamt-Theorie bereitstellen. Diese vier Lebensphilosophien sind also eine feste Brücke der Verbindung zwischen den bisher widersprüchlichen europäischen Philosophien und dem buddhistischen Realismus und benutzen die konkrete Übung des Zazen.
Wie bereits erwähnt, würde die buddhistische Übungsmethode durch die moderne wissenschaftliche Forschung voll und ganz bestätigt. Insbesondere in neuerer Zeit haben amerikanische Psychiater, Psychologen und Physiologen vertiefte Forschungen über die Beziehung unserer geistigen und physischen Bedingungen durchgeführt und dabei die große Bedeutung des vegetativen Nervensystems erkannt. Ich schrieb im Jahre 1975 mein erstes buddhistisches Buch mit dem Titel "Buddhismus als die dritte Weltsicht" (Bukkyo Daisan no Sekaikan) und führte damals aus, dass das menschliche, geistige und körperliche Gleichgewicht genau mit dem Gleichgewicht des vegetativen Nervensystems übereinstimmt. Ich schätze mich ausgesprochen glücklich, dass meine begründete Annahme von vor mehr als 30 Jahren nunmehr von vielen wissenschaftlichen Forschern bestätigt wird. In diesem Sinne denke ich, dass die buddhistische Theorie der Dogen-Sangha genau mit den Ergebnissen der neuesten wissenschaftlichen Forschung auf diesen Gebieten übereinstimmt. In Japanisch kann dies mit den Worten "ein Glas Wasser sollte vollkommen in ein anderes Glas gegossen werden"(Ittsu-Ki-Sha-sui) bezeichnet werden. Dieser buddhistische Ausdruck bedeutet, dass die Lehre eines buddhistischen Meisters ganz und ohne Abstriche wie ein Glas Wasser in das Glas des Schülers gegossen werden sollte. Eine solche Regel sollte auch in der Dogen-Sangha gelten, indem jeder Schüler die Lehren des Meisters unverfälscht studiert.

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