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Meister Nishijima praktiziert Buddhismus seit über 60 Jahren. Er war Schüler von Meister Kodo Sawaki, einem japanischen umherziehenden Priester, der berühmt dafür war unermüdlich zu betonen, dass die Praxis des Zazen ihren richtigen zentralen Platz im Buddhismus erhält und der selbst intensiv praktizierte. Meister Nishijima wurde von Meister Renpo Niwa als Priester ordiniert, der später als Abt den Zentraltempel des Soto-Buddhismus leitete. Nishijima Roshi hat viele Bücher über Buddhismus u.a. von Dogen sowohl in Japanisch als auch in Englisch geschrieben. Über einen Zeitraum von mehr als 20 Jahren hat er in Japanisch und Englisch viele Vorträge gehalten, Seminare und Sesshins geleitet sowie genaue Anweisungen zum Buddhismus und vor allem zum Zazen gegeben. Deutsche Fassung: Yudo J. Seggelke

Dienstag, 15. Mai 2007

Wichtige Buddhistische Gedichte

1. Gedicht der fünf buddhistischen Betrachtungen vor jeder Mahlzeit (Go Kan no Ge)

In den buddhistischen Gruppen rezitieren wir laut vor der Mahlzeit ein Gedicht von fünf Betrachtungen oder Reflexionen, die auch in den buddhistischen Tempeln gesprochen werden. In neuerer Zeit wurden diese überlieferten Verse leider häufig verkürzt, aber ich bin der festen Überzeugung, dass die authentische Überlieferung im Buddhismus sehr wichtig ist. Der Buddhismus schätzt das achtsame Handeln unseres täglichen Lebens außerordentlich und daher ist es für uns ganz wesentlich, die grundlegenden Betrachtungen und Reflexionen vor dem Beginn der eigentlichen Mahlzeit zu rezitieren.
Aus diesem Grund möchte ich das Gedicht der fünf Betrachtungen (Go Kan no Ge) grundsätzlich einführen und vorschlagen, dass es sowohl allein als auch gemeinsam in der Familie vor jeder Mahlzeit gesprochen wird. Grundsätzlich ist es sinnvoll, dieses Gedicht in Japanisch zu rezitieren, aber ich halte es auch durchaus für möglich, dass es in die jeweilige Sprache des Landes übersetzt wird, in der die Mitglieder der Dogen-Sangha leben und in dieser Form gesprochen wird. Im Folgenden wird daher auch die deutsche Übersetzung gegeben:
Wortlaut der fünf buddhistischen Betrachtungen:

Zuerst bedenke ich, was ich selbst getan habe und dann denke ich an die großen Anstrengungen der anderen und ihre Leistungen, die Zutaten für das Essen zu erzeugen und zu kochen.
Dann denke ich daran, wie unvollkommen mein moralisches Verhalten ist und empfange das Essen mit großer Dankbarkeit.
Drittens sind meine Anstrengungen, um mich von abstrakten sinnlosen Gedanken zu befreien und Fehler zu vermeiden eng mit dem Bemühen verbunden, meine Gier, Wut und Dummheit zu kontrollieren.
Viertens empfange ich das Mahl als gute Medizin, um gesund zu bleiben und nicht siech und schwach zu werden.
Fünftens empfange ich dieses Mahl nur, um Wahrheit zu erlangen und zu vollenden.


Bei der Transkribierung in lateinische Buchstaben wurde jeweils das doppelte a, i, u und o verwendet, um einen langen japanischen Vokal wieder zu geben.

Japanischer Text:
Hitotsu ni wa, koo no tashoo o hakari, ka no raisho o hakaru
Futatsu ni wa, onore ga tokugyo no zenketsu o hakatte ku ni ozu
Mitsu ni ha, shin o fusegi toga o hanaruru koto wa, ton to o shuu to su
Yotsu ni wa masani ryooyoku o koto to suru wa, gyooko o ryoo ze n ga Tame nari
Itsutsu ni wa, joodoo no tame no yue ni, ima kono jiki o uku.



2. Das Gedicht zum Lob der Kashaya, die wir auf den Kopf legen (Chodai Kesa no Ge)

Ich schlage vor, dass nicht nur Mönche und Nonnen sondern alle von uns die Kashaya tragen, wenn sie Zazen praktizieren. Dieser klare Rat für meine Schüler beruht auf meiner eigenen tatsächlichen Erfahrung, dass unser Geist rein und aufrichtig wird, wenn wir die Kashaya an unserem Körper tragen. Meister Dogen besteht ebenfalls darauf, dass wir die Kashaya bei der Zazenpraxis verwenden sollten und beschreibt dies im Kapitel 93: "Der Wille zur Wahrheit" (Doshin) im Shobogenzo.
Wir knien vor der Zazenpraxis auf den Boden nieder und legen die gefaltete Kashaya auf unseren Kopf. Dabei haben wir die Hände zusammengelegt und rezitieren das Gedicht Chodai Kesa no Ge. Mit diesem Gedicht preisen wir die Kashaya dreimal. Dann stehen wir auf und legen die Kashaya an und setzen uns auf dem Sitzkissen zur Zazenpraxis nieder.

Wie großartig ist das Gewand der Befreiung .
Ohne Form, Feld des Glücks, Robe!
Voll Glauben die Lehren des Tathagata tragen.
Umfassend will ich die Lebewesen retten.

(englische Übersetzung von Gudo Wafu und Chodo Cross, Deutsch von Yudo J. Seggelke).

Japanischer Text von Chodai Kesa no Ge:
Daisai-gedatsu-fuku
Muso-fukuden-e
Hibu-nyorai-kyo
KooDo-shoshujoo

Bedeutung: Chodai bedeutet, "etwas auf den Kopf legen", Kesa bedeutet "Kashaya", no bedeutet "von" und Ge bedeutet "Gedicht". Daher bezeichnet der japanische Ausdruck Chodai Kesa no Ge ein Gedicht, in dem es gepriesen wird, die Kashaya auf den Kopf zu legen. In der nächsten Zeile bedeutet Daisai "groß" und Gedatsu "frei werden". Weiterhin heißt Fuku "Kleidung" und Hibu "etwas mit Wertschätzung zu tragen". Der Begriff Nyoraikyoo steht für die Lehren Gautama Buddhas. Die Worte Koodo bedeuten, "etwas umfassend zu schützen" und Shoshujoo bedeutet "verschiedene Lebewesen". Daraus ergibt sich die obige Übersetzung.
Am Ende des Kapitels im Shobogenzo “Die Verdienste des Kesa“ (Kap. 12, Kesa kudoku) gibt Meister Dogen die folgende Schilderung:

“Als ich in China weilte und auf einem langen Podest Zazen praktizierte, sah ich, wie mein Nachbar nach Beendigung jeder Praxis seine Kashaya hochhob und auf seinen Kopf legte. Dann erhob er ehrerbietig seine Hände in Gassho und rezitierte leise ein Gedicht, dessen Verse folgendermaßen lauteten:

Wie erhaben ist das Gewand der Befreiung.
Formlos und Glück bringendes Feld, Robe.
Voll Glauben trage ich des Tathagatas Lehre und
gelobe alle Lebewesen überall zu retten.

Damals stieg in mir ein tiefes Gefühl auf, das ich vorher nie empfunden hatte. Mein ganzer Körper war so voller Freude, dass unbemerkt Tränen der Ergriffenheit (über mein Gesicht) liefen und mein Kragen feucht wurde. Dies lag daran, dass ich zwar schon vorher im Agama-Sutra gelesen hatte, dass man die Kashaya auf das Haupt legt, aber ich war mir über diesen (wunderbaren) Brauch noch nicht im Klaren. Es erfüllte mich mit übergroßer Freude, als ich dies jetzt zum ersten Mal aus unmittelbarer Nähe sehen konnte, und ich dachte bei mir: "Wie traurig ist es, dass es in meinem Heimatland keinen Lehrer gab, der mich dies gelehrt und keinen Freund, der es mir empfohlen hätte. Es ist bedauerlich, so viel kostbare Zeit verschwendet zu haben. Es lässt mich freudig an meine vergangenen guten Taten denken, dass ich (diesen Brauch) jetzt mit eigenen Augen sehen und hören kann. Wenn ich ohne Sinn in meinem Heimatland geblieben wäre, könnte ich jetzt nicht neben diesem verehrungswürdigen Mönch sitzen, dem das Buddha-Gewand direkt weiter gegeben wurde und der es selbst trägt.“ Trauer und Freude kamen zusammen und ich habe zahllose Tränen der Dankbarkeit vergossen. (Nach Gudo Wafu Nishijima, Chodo Cross, G. Ritsunen Linnebach und Yudo J. Seggelke).


3. Gedicht zur Eröffnung von Sutra oder Dharma-Rede (Kai kyoo Ge)

Kai bedeutet "öffnen", kyoo bedeutet "Sutra" und Ge bedeutet "Gedicht". Daher kann Kai kyoo Ge übersetzt werden als das Gedicht zur Eröffnung der Dharma-Rede oder des Sutra. Wenn wir eine buddhistische Dharma-Rede beginnen wollen, rezitieren wir vorher normalerweise laut dieses Gedicht. Es wird sowohl von dem Vortragenden als auch von den Zuhörern laut gemeinsam gesprochen und dabei werden die Hände zum Gassho zusammengelegt.
Wir wollen diesen guten Brauch auch in der Dogen-Sangha pflegen.
Das ganze Gedicht kann wie folgt übersetzt werden:

Die Lehren Gautama Buddhas sind das Höchste, Tiefgründigste, Wertvollste und Feinste,
und es ist sehr schwierig für uns, ihnen zu begegnen.
Aber wir haben das Glück, ihnen zu begegnen und zu lauschen und daher bitten wir aufrichtig, die Lehren Gautama Buddhas mit ganzem Herzen zu verstehen.

Japanischer Text:
Mujoo jinshin mimyoohoo hyaku, sen, man goo nansoguu
Ga kon kenmon toku juuji gan ge nyorai shinjitsu gi


Bedeutung: Mujoo bedeutet "das Höchste", jinshin bedeutet "sehr gründlich" und mimyoo bedeutet "fein" oder "wertvoll".
Das Wort hoo wurde ursprünglich für den Dharma, also die Lehren Gautama Buddhas verwendet und ist gleichzeitig das Gesetz der Welt und des Universums. Hyaku bedeutet "Hunderte", sen bedeutet "Tausende", man bedeutet "Zehntausende" und goo bedeutet "Kalpa" oder "endlos große Zeitalter". Der gesamt Ausdruck Hyaku sen man goo heißt also "Hunderte, Tausende und Zehntausende von endlosen Zeitaltern".
Weiterhin bedeutet nan "sehr schwierig" und soguu bedeutet "treffen" oder "begegnen". Daher kann die ganze Zeile wie folgt übersetzt werden: "Es ist sehr schwierig für uns, dem Buddhismus zu begegnen, selbst wenn wir durch Hunderte, Tausende oder Zehntausende endloser Zeitalter gehen".
In der nächsten Zeile heißt ga "wir", kon bedeutet "jetzt", kenmon bedeutet "ansehen" oder "hören" und toku bedeutet "in der Lage sein" sowie juuji heißt "empfangen zu haben" oder "aufrechtzuerhalten". Die ganze Zeile kann also übersetzt werden, dass wir jetzt glücklicherweise in der Lage sind, ihm zu begegnen.
In der nächsten Zeile heißt gan "wahrhaftig zu hoffen", ge bedeutet "verstehen", nyorai bedeutet "ein Mensch" oder "eine Person", zu dem die Wirklichkeit gekommen ist, also Gautama Buddha und shinjitsugi ist die "wahre Bedeutung".

4. Wesentlicher Beitrag der Tugend (Fu E-kou)

Fu bedeutet "allgemein" oder "grundlegend" und E-kou bedeutet "Beitrag". Obgleich bei diesen Worten nicht ganz klar ist, auf was sich der Beitrag bezieht, liegt es doch nahe, dass es sich um die Tugend handelt, die durch die Anstrengung der Buddhisten erzeugt wird. Daher bedeutet Fu E-kou der grundlegende Beitrag der Tugend. Wenn wir eine buddhistische Lehrrede beenden, rezitieren der Vortragende und die Zuhörer gemeinsam mit zusammengelegten Händen die Worte des Gedichts Fu E-kou laut. Ich bin der festen Überzeugung, dass ein solcher Brauch sehr gut für die Unterstützung des Buddhismus geeignet ist, und ich wünsche mir, dass dies auch in der Dogen-Sangha gepflegt wird.
Das Gedicht kann folgendermaßen übersetzt werden:

Voller Hoffnung wollen wir diese Tugend allen Wesen zukommen lassen.
Alle Wesen und wir wollen gemeinsam Gautama Buddhas wahre Lehre erfüllen.
Alle Buddhas der zehn Richtungen, der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, vielen verehrten Bodhisattva, Mahasattva, Mahaprajnaparamita.

Japanischer Text:
Negawakuwa kono Kudoku o motte amaneku issai ni oyoboshi
Warera to shujoo to mina tomoni butsudoo o joozen koto o
Jiihoo sanshi ishiifu shison busa mokosa mokohoja horomii

Bedeutung: negawakuwa ist "hoffnungsvoll", kono bedeutet "dies" und kudoku ist "Tugend".
amaneku bedeutet "umfassend" oder "universell", issai bedeutet "alles", ni bedeutet "die Richtung des Beitrags" und oyoboshi bedeutet "beitragen".
Ich denke, dass die Gedichte der fünf Betrachtungen, der Kashaya auf dem Haupt, der Eröffnung der Dharma-Rede und der allgemeinen Widmung der Tugend nicht zu lang sind, so dass wir sie in der Dogen-Sangha in unserem täglichen Leben pflegen und rezitieren wollen, denn sie sind sehr wichtig.

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